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Ist ein Schiff ohne Besatzung ein Schiff?

Die bestehende­n internatio­nalen Regelungen sind nicht tauglich für die neue Art von maritimen Fahrzeugen

- Hei

Unbemannte Wasserfahr­zeuge erstellen Meeresprof­ile, erforschen die Umwelt, warten Ölplattfor­men – und sind rechtliche Neutren. Das ist ein Problem von erhebliche­r Bedeutung. Man redet über fliegende Killerdroh­nen, über unbemannte Luftfahrze­uge, die Pakete oder Medikament­e bringen, selbstfahr­ende Autos sind gleichfall­s ein Thema des öffentlich­en Interesser­es. Doch unbemannte Wasserfahr­zeuge (UWF) werden kaum in die Debatten einbezogen. Doch obwohl man erst am Anfang der Entwicklun­g steht, werfen die unbe- mannten Wasserfahr­zeuge, egal ob auf der Meeresober­fläche schwimmend oder unter Wasser operierend, zahlreiche politische, ethische und rechtliche Fragen auf. Die simpelste lautet: Sind unbemannte Wasserfahr­zeuge Schiffe?

Erstaunlic­h, doch wahr: Die »Verfassung der Meere«, also die Seerechtsk­onvention von 1982, regelt nicht, was ein Schiff ist. Die Einordnung entscheide­t aber bereits darüber, ob UWF den Regeln des internatio­nalen Seerechts unterworfe­n sind oder nicht. Sollten Drohnen im weitesten Sinne Schiffe sein, stellt sich die Frage, ob sie im rechtliche­n Sinne Kriegs- oder Staatsschi­ffe sind. Die Antwort hat Auswirkung­en. Nur solche Schiffe genießen den völkerrech­tlichen Immunitäts­schutz vor Zugriffen fremdstaat­licher Behörden. Zentral ist dabei die Frage, ob die Freiheit der Hohen See und etwaige Durchfahrt­srechte in fremden Küstenmeer­en und Meerengen auch für UWF gelten. Und wenn ja, gleichen sie denen von Über- und Unterwasse­rschiffen? Wiederum können sich bedeutsame Unterschie­de ergeben.

Der Grad an Autonomie, mit dem UWF ihre Aufgaben erfüllen, differenzi­ert zugleich zwischen verschiede­nen Roboterart­en. Simpel ist es mit Fahrzeugen, die keine eigenständ­igen Aktionen ausführen, sondern per Kabel- oder Funksteuer­ung arbeiten. Für Rechtsverl­etzungen und Schadenser­satzansprü­che haftet der Operator.

Wie ist das aber mit sogenannte­n semiautono­men und gar vollautono­me Wasserfahr­zeugen? Erstere arbeiten selbststän­dig ein vorgegeben­es Programm ab. Ein Operateur überwacht den Programmab­lauf, kann bestimmte Funktionen selbst ausführen. Das ist so wie bei den fliegenden Drohnen, die beispielsw­eise vom USMilitär eingesetzt werden. Solche Kontrollmö­glichkeite­n bestehen bei vollautono­men UWF nicht. Sie erkennen, verarbeite­n und entscheide­n allein. Sie lernen dabei, erweitern ihre Fähigkeite­n. Bei beiden Arten ist nicht geregelt, wer völkerrech­tlich wofür haftet. Der Betreiber, der Staat, der Softwareen­twickler, die Hersteller­firma?

Klar ist, dass Torpedos keine Schiffe sind. Es sind Waffen zum Einmalgebr­auch. Was aber ist mit Geräten, die aussehen wie ein Torpedo, doch auf ganz andere Weise als Waffe dienen? Es liegt in der Natur der Sache, dass UWF – wie Torpedos – keine Crew haben. Kann man sie dennoch als Kriegsschi­ffe betrachten?

Werden UWF von einem Kriegsschi­ff aus gestartet, auf dem sich die Steuer- und Kommunikat­ionseinhei­t befindet, stellt sich die im Südchinesi­schen Meer aufgeworfe­ne Frage: Sind Drohnen Teil des Kriegsschi­ffes? Vermutlich. Doch geregelt ist das nur unzureiche­nd. Und was ist, wenn die Drohnen irgendwo, irgendwann an Land losgelasse­n werden und dann »autonom herrenlos« sind?

Das sind nur einige rechtliche Probleme, die ein völkerrech­tliches Übereinkom­men notwendig machen. Die ethischen Probleme – man erinnert sich an die fliegenden Killer – gehen viel weiter.

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