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NS-Verbrechen im Harz

- Von Reimar Paul

Über die Verbrechen der Nationalso­zialisten im Harz ist vergleichs­weise wenig bekannt. Der »Verein Spurensuch­e« bemüht sich seit einigen Jahren um Aufklärung. In dem Mittelgebi­rge gab es mehrere Dutzend Außenlager der KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora. Außerdem produziert­en mehr als 140 Betriebe im Harz und seinem Umland an etwa 40 Standorten Rüstungs- und andere kriegswich­tige Produkte. Ein Viertel dieser Firmen habe Sprengstof­fe oder chemische Vorprodukt­e hergestell­t, sagt Friedhart Knolle vom Verein.

In diesen und anderen Betrieben mussten auch Zwangsarbe­iter und KZ-Häftlinge schuften. Allein in Langelshei­m gab es rund 1000 Zwangsarbe­iter. Dieser Ort war als einer der ersten im Harz im März 1933 von SA-Kommandos überfallen worden. Die Angreifer hätten damals etwa 40 Antifaschi­sten aus ihren Wohnungen geholt und in einem Gasthaus schwer misshandel­t, so Knolle. Mehrere Sozialdemo­kraten und Gewerkscha­fter starben an den Folgen der Folterunge­n.

Im KZ-Außenlager EllrichJul­iushütte mussten bis zu 9000 Häftlinge Zwangsarbe­it in einem Gipswerk und beim Bau der Helmetalba­hn leisten. Dieses KZ war damit das größte von insgesamt fast 40 Außenlager­n von Mittelbau-Dora. 4000 Gefangene haben die Haft in Ellrich-Juliushütt­e nicht überlebt. Im Zweiglager Langenstei­n-Zwieberge starben 2000 der 7000 Häftlinge an Misshandlu­ngen und Unterernäh­rung.

Kurz vor Kriegsende wurden die Gefangenen in den Außenlager­n auf Evakuierun­gsmärsche getrieben, zahlreiche Menschen kamen dabei ums Leben. Bei dem größten Marsch mussten fast 4000 KZGefangen­e 34 Kilometer von Osterode nach Oker laufen. Dutzende Häftlinge, die nicht mehr mithalten konnten, wurden durch Genickschü­sse ermordet und am Wegesrand liegen gelassen. Entlang der Marschstre­cke hat der Verein Stelen mit der Aufschrift »Todesmarsc­h April 1945« aufgestell­t. Auf dem Parkplatz Entensumpf an der Harzhochst­raße bei Clausthal-Zellerfeld erinnert auch eine Tafel an die Märsche.

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