IHRE MEINUNG
Unrecht, das viele Berufsgruppen trifft
Zu »Der Marion wäre das nicht passiert«, 30.12., S. 4 Ein hervorragender Artikel, den sich die Bundesverfassungsrichter hinter den Spiegel stecken sollten. Besser konnte die Ungleichheit vor dem Gesetz nicht kommentiert werden. Nazirichter und andere Nazigrößen wurden hofiert und belohnt, Angehörige des MfS und weitere »staatsnahe« Berufsgruppen der DDR mit Berufsverbot und Strafrente belegt. Protest gegen diese Entscheidung sowie eine Verfassungsbeschwerde sind den Richtern nur ein müdes Lächeln wert.
Meiner Meinung nach sollte über die Definition vom »Unrechtsstaat« noch einmal gründlich nachgedacht werden. Und eine Frage bewegt mich noch: Was halten die Bundesverfassungsrichter von den Rentenzahlungen an ehemalige lettische SS-Angehörige? Vermutlich bieten jene die Gewähr, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten! Horst Hahn, Rowa Der Artikel gehört nach meiner Meinung zu dem Besten, was in der »Kolumne« des »nd« erschienen ist: faktenreich, überzeugend, sprachlich souverän. Unabhängig von diesem exzellenten Artikel fällt mir aber auf, dass bei Äußerungen über Rentenunrecht meist nur die ehemaligen Mitarbeiter des MfS genannt werden. Es betrifft aber weit mehr Berufsgruppen: Da Krankenschwestern und anderes mittleres medizinisches Personal im Verhältnis zu ihrer Ausbildung und den hohen Anforderungen des Berufs extrem wenig verdienten, gab es in der DDR eine Sonderregelung, wodurch das Einkommen höher bewertet und damit mehr Rente gezahlt wurde. Das wurde in der BRD rückgängig gemacht, so dass die DDR-Krankenschwester heute von ihrer Rente allein nicht leben kann. Für Lehrer und einen Teil anderer Hochschulabsolventen gab es ähnliche Regelungen, die mit einem relativ niedrigen Gehalt erkauft wurden, etwa vergleichbar mit einer Betriebsrente. Mit der »Überleitung« ins Rentensystem der BRD ist das nicht nur weggefallen; ärgerlicherweise ist selbst bei Linken von diesem Unrecht nicht mehr die Rede. Schade.
Hans Bentzien zum Gedenken
Heute wäre der vor einem Jahr verstorbene Hans Bentzien 90 Jahre alt geworden. Ich lernte ihn vor einigen Jahren kennen und schätzen. An seine Leistungen als geistvoller Kulturpolitiker, Historiker und Schriftsteller möchte ich erinnern. Eine Vielzahl an interessanten Büchern haben wir ihm zu verdanken. Gisela Ewe, Aschersleben
Die Wahrheit auf den letzten Drücker
Zum Leserbrief »Israel darf alles?«, 30.12., S. 4 Dank an den Verfasser für den Leserbrief mit den Fragen, die auch mich bewegen. Da haben die USA erstmalig diese Resolution zugelassen, die auf die Einhaltung des internationalen Rechts pocht. Netanjahu hat vor einigen Wochen erklärt, solange er lebe, werde es keinen palästinensischen Staat geben. Kerrys »Wutrede« ist mir verständlich. Es ist wohl überall so, dass Politiker sich nach (oder kurz vor) ihrem Ausscheiden aus der Politik trauen, die Wahrheit zu sagen und die Dinge beim rechten Namen zu nennen. Heinz Gillert, Dresden Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktionellen Meinungsäußerungen. Die Redaktion behält sich das Recht Sinn wahrender Kürzungen vor.