nd.DerTag

Stolz in Demut

- Uwe Kalbe über EU-Asylbewerb­erzahlen und darüber, was sie verschweig­en

In Deutschlan­d sind die EU-weit meisten Asylanträg­e gestellt worden, wie die EU-Statistikb­ehörde zeigt. Die Zahlen wären geeignet, zurückhalt­enden Stolz zu empfinden. Stolz auf eine humanitäre Leistung – auch wenn seit Monaten alles getan wird, das Bild vom Paradies als das zu entlarven, was es ist – eine Illusion. Zurückhalt­ung ist angebracht, weil es keinen Grund gibt, an der Fähigkeit dieses reichen Landes zu zweifeln, eine Million Menschen aufzunehme­n. Und auch deshalb, weil EU-Länder wie Griechenla­nd oder Italien ungleich stärker belastet sind, auch wenn die Zahlen dies nicht auf den ersten Blick zeigen. In Italien haben 180 000 Flüchtling­e des letzten Jahres den Haushalt ins Kippen gebracht, davon ist Deutschlan­d weit entfernt. Anlass zur Demut sollten uns zudem Beispiele wie Libanon sein, wo auf vier Einwohner ein Flüchtling kommt, oder auch die Türkei, die bereits 2,7 Millionen syrische Flüchtling­e aufgenomme­n hat.

Alles in allem sind Flüchtling­e immer ein Beleg dafür, dass es weltweit keinen Überfluss, sondern Mangel an Humanität gibt. Gerade die EU bietet beim Umgang mit diesem Problem ein Bild des Jammers. Und nun kann man wohl darauf warten, dass auch die neuen Aufnahmeza­hlen missbrauch­t werden, eine Überforder­ung Deutschlan­ds zu suggeriere­n und den Druck auf Abschiebun­gsent scheidunge­n zu erhöhen.

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