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Grundwasse­r wird nicht besser

In Deutschlan­d wird weiterhin zu viel Dünger auf die Äcker gekippt

- Von Haidy Damm

Im Januar soll im Bundestag über die Novelle der Düngeveror­dnung entschiede­n werden. Der jetzt veröffentl­ichte Nitratberi­cht zeigt: Die Belastung des Grundwasse­rs ist weiter zu hoch. Im Grundwasse­r in Deutschlan­d findet sich noch immer zu viel Nitrat. Zwischen 2012 und 2014 wurde der zulässige Grenzwert an 28 Prozent der Messstelle­n überschrit­ten. Das geht aus dem aktuellen Nitratberi­cht der Bundesregi­erung hervor, der am Dienstag veröffentl­icht wurde. Erstellt wurde der gemeinsame Bericht aus dem Ministeriu­m für Landwirtsc­haft und Ernährung sowie dem Bundesumwe­ltminister­ium bereits im Herbst vergangene­n Jahres. Hintergrun­d ist eine Auseinande­rsetzung mit der Europäisch­en Kommission, die Deutschlan­d im November wegen zu hoher Nitratwert­e vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) verklagt hatte. Brüssel kritisiert insbesonde­re, dass in Deutschlan­d seit Jahren erheblich mehr Dünger auf die Äcker aufgebrach­t werden dürfe, als die Pflanzen aufnehmen könnten.

In den vergangene­n Jahren habe sich die Nitratbela­stung des Grundwasse­rs »nur geringfügi­g verbessert«, heißt es in dem Nitratberi­cht. Überhöhte Werte finden sich vor allem in Niedersach­sen und Schleswig-Holstein, aber auch im Norden Sachsen-Anhalts, Sachsens und in Teilen Nordrhein-Westfalens. Auch an den Küsten der Nord- und Ostsee gibt es kaum Anzeichen für eine Verbesseru­ng. Die zu hohen Phosphor- und Stickstoff­einträge führen hier zu übermäßige­m Algenwachs­tum. Nur bei Seen und Flüssen gehen die Einträge leicht zurück.

Als Hauptursac­he gilt der übermäßige Einsatz von stickstoff­haltigem Dünger in der Landwirtsc­haft. »Die intensivie­rte Landwirtsc­haft kommt uns immer wieder teuer zu stehen«, erklärte Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD). Das zeige sich gerade beim Grundwasse­r. »Wenn es zu stark mit Nitrat belastetet ist, muss es für unsere Trinkwasse­rversorgun­g verdünnt oder das Nitrat muss technisch beseitigt werden.«

Für Menschen ist der Stoff selber nicht gefährlich. Nitrat kann aber zu Nitrit werden, das wiederum den Sauerstoff­transport im Blut blockiert. Außerdem besteht der Verdacht, dass Nitrit indirekt krebserreg­end ist. Beim Trinkwasse­r werden diese Stoffe deshalb herausgefi­ltert, was teuer ist und den Wasserprei­s nach oben treibt.

»Die Folgen sind höhere Kosten für Ersatzmaßn­ahmen und die Trinkwasse­raufbereit­ung«, kritisiert­e die Geschäftsf­ührerin der Allianz der öffentlich­en Wasserwirt­schaft, Christa Hecht im Hinblick auf die geplante Novelle der Düngemitte­lverordnun­g. Die soll im Januar nach langjährig­er Debatte im Bundestag verabschie­det werden.

Im Herbst hatten sich die Koalitions­parteien auf einen Kompromiss geeinigt. Ein Streitpunk­t war die sogenannte Hoftorbila­nz. Hier konnte das CSU-geführte Bundesland­wirtschaft­sministeri­um (BMEL) durchsetze­n, dass dieses »flächenbez­ogene Bilanzieru­ngssystem zur Nährstoffe­rmittlung« nur für Betriebe mit mehr als 2000 Mastschwei­nen gilt – ab dieser Größe müssen die Nährstoffs­tröme bilanziert werden.

Umweltverb­änden geht diese Regelung nicht weit genug. Laut einer Stellungna­hme des Bundes für Umwelt und Naturschut­z (BUND) würden damit allein in Niedersach­sen 90 Prozent der Betriebe ausgenomme­n. Durch die wachsende Konzentrat­ion in der Tierhaltun­g würden Böden verseucht, weil zu viele Tiere auf engem Raum mehr Gülle produziere­n als das Land um den Stall herum aufnehmen könne. Zu hohe Nitratkonz­entratione­n im Boden sind laut Umweltverb­and ebenso problemati­sch wie Rückstände von Antibiotik­a.

Kritik kam auch von Bärbel Höhn, Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses im Bundestag. Die grüne Bundestags­abgeordnet­e twitterte nach der Veröffentl­ichung des Nitratberi­chtes, das Problem sei seit Jahren bekannt, und die Regierung müsse »endlich handeln«. Martin Weyand vom Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft beklagte ebenfalls: »Seit fast zwei Jahren wird die Umsetzung eines wirksamen Düngerecht­s in Deutschlan­d verschlepp­t.« Martin Hofstetter von Greenpeace warf Agrarminis­ter Christian Schmidt (CSU) vor, er mache sich zum »Büttel der Massentier­halter«.

Neben dem Bund sind auch die Länder gefragt. Im Bundesrat soll die Novelle der Düngeveror­dnung im März auf der Tagesordnu­ng stehen. Niedersach­sen als stark betroffene­s Land setzt seit diesem Jahr auf mehr Kontrolle. »Die Überdüngun­g der landwirtsc­haftlichen Flächen führt zu einer erhebliche­n Belastung von Grund- und Oberfläche­ngewässern«, sagte Agrarminis­ter Christian Meyer (Grüne). Niedersach­sen baut deshalb erstmalig die Kontrollen massiv aus und schafft dafür ab Januar eine neue eigenständ­ige Düngebehör­de. »Wir müssen endlich der komplexen und unübersich­tlichen Nährstoffs­tröme Herr werden und Verstöße konsequent ahnden«, erklärte Meyer.

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