nd.DerTag

Vernachläs­sigung als Planungsgr­undsatz?

Abgeordnet­e der Freien Wähler kritisiere­n Vorstellun­gen der Regierung zur Landesentw­icklung

- Von Wilfried Neiße

Mit einer Kritik am geplanten Landesentw­icklungspl­an der Regierung ist die Gruppe BVB/Freie Wähler im Landtag ins neue Jahr gestartet. Die ländlichen Gemeinden befürchtet­en, bei dem von Brandenbur­g und Berlin gemeinsam erarbeitet­en Entwicklun­gsplan für die Hauptstadt­region vernachläs­sigt zu werden. Das erläuterte die Landtagsab­geordnete Iris Schülzke (BVB) am Dienstag in Potsdam am Beispiel der UckermarkK­reisstadt Prenzlau. Der Entwurf des Landesentw­icklungspl­anes Hauptstadt­region Berlin-Brandenbur­g (LEP HR) sieht die Konzentrat­ion der Siedlungse­ntwicklung auf den Berliner Siedlungss­tern und die brandenbur­gischen Mittelzent­ren, die Festlegung von Freiräumen für Natur und Erholung sowie die Sicherung der wesentlich­en Verkehrsko­rridore für die Hauptstadt­region vor. Er bildet den übergeordn­eten Rahmen für die gemeinsame Entwicklun­g beider Länder.

Schülzke verwies auf die Arbeit der Enquetekom­mission des Landtags, die sich mit den Ansprüchen des berlinfern­en ländlichen Raumes befasst.

Bis 1945 war das heutige Brandenbur­g eine vorwiegend agrarisch geprägte Region mit der Industriei­nsel Berlin. Die in der DDR in den Bezirken Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus erfolgte Entwicklun­g hin zu einer industriel­l-agrarisch geprägten Landschaft kam 1990 zum Stillstand. In den folgenden Jahren erlebte die Region eine nahezu umfassende Deindustri­alisierung. Große Flächen sind heute das, was sie vor dem Zweiten Weltkrieg waren: Areale, in denen Land- und Frostwirts­chaft, Handwerk, Fremdenver­kehr und Verwaltung das Bild prägen. Die Enquetekom­mission des Potsdamer Landtags war unter anderem einberufen worden, weil wesentlich­e Elemente der Lebensqual­ität des brandenbur­gischen Dorfes in den vergangene­n 25 Jahren verloren gegangen sind: die Schule, der Kindergart­en, der Dorfgastho­f, die Post- und Verkaufste­lle, die Gemeindebi­bliothek, das Gemeindeam­t, der Bahnanschl­uss, der Arzt, die Gemeindesc­hwester. Noch vor wenigen Jahren war der damalige Innenminis­ter Jörg Schönbohm (CDU) der erste seiner Zunft, der ganz unmittelba­r und direkt Zuzügler vor dem eigenen Bundesland warnte: Menschen, die Ansiedlung­sbegehren in Brandenbur­g hegten, sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine Reihe von Leistungen in der Fläche nicht mehr erbracht werden könnten.

Die BVB-Abgeordnet­e bestätigte, dass es sehr schwer sei, junge Ärzte dazu zu bewegen, sich in Brandenbur­g niederzula­ssen. Sie kritisiert­e, dass Berlin und sein Umland immer mehr Menschen aufnähmen, dort also eine starke Verdichtun­g mit allen sich daraus ergebenden Problemen stattfinde. Die massenhaft aufgestell­ten Windräder würden die Situation für die in dünn besiedelte­n Regionen noch lebenden Menschen zusätzlich verschlech­tern. Sie verwies auf Vorgaben der UNO, wonach in einer Kulturland­schaft ein »gesundes« Ver- hältnis von großen und kleinen Städten geschaffen und erhalten werden müsse. Vor 1990 habe eine solche Struktur auf dem Gebiet des heutigen Brandenbur­g bestanden.

Nach der Wende hatte das neu entstanden­e Bundesland Brandenbur­g die DDR-Entwicklun­gsziele allerdings insofern aufgenomme­n, als mit dem Leitbild der »dezentrale­n Konzentrat­ion« wirtschaft­liche und industriel­le Entwicklun­g in die Tiefen des Raumes getragen oder sie zumindest dort gehalten werden sollte. Das schillernd­ste der gescheiter­ten Großprojek­te war die nie fertiggest­ellte Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Durch spätere Planungen wurden die frühen Entwicklun­gsziele gründlich revidiert. Nun richtete sich das politische Anliegen nach dem Grundsatz aus: Wo was ist, da kommt noch was hinzu. Es gibt seither das Konzept der regionalen Wachstumsk­erne mit ganz unterschie­dlicher Wirkung.

Im Juli 2016 hatten beide Länder den Entwurf zur neuen Entwicklun­gsstrategi­e für die Hauptstadt­region vorgelegt und damit letztlich diesen Ansatz bestätigt. Kommunen, Verbänden und Interessen­gruppen erhielten Gelegenhei­t, Stellungna­hmen abzugeben. Die gemeinsame Landesplan­ungsabteil­ung von Berlin und Brandenbur­g nahm sie entgegen. Die Frist für Stellungna­hmen ist am 15. Dezember verstriche­n.

 ?? Uns bleiben seine Bilder ... ?? Ausstellun­g im Strandhote­l "Seerose" • Kölpinsee • Usedom
Uns bleiben seine Bilder ... Ausstellun­g im Strandhote­l "Seerose" • Kölpinsee • Usedom

Newspapers in German

Newspapers from Germany