nd.DerTag

Neuer Fahrplan, neues Chaos

Betreiberw­echsel im Nahverkehr und die Folgen

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

Der zurücklieg­ende Fahrplanwe­chsel zum 11. Dezember war in vielen Regionen von einem Betreiberw­echsel bei Bussen und Bahnen begleitet. Doch nicht immer waren die neu in Erscheinun­g tretenden Firmen, die im Auftrag von Verkehrsve­rbünden und Kommunen den Personenna­hverkehr übernahmen, ihren Aufgaben gewachsen.

So häuften sich gleich am ersten Werktag nach dem Betreiberw­echsel in Teilen des Rhein-MainGebiet­s Klagen von Berufspend­lern und Schülern über Ausfälle und größere Verspätung­en im Busnetz. Betroffen waren speziell die Landkreise Main-Taunus-Kreis und Hochtaunus­kreis nordwestli­ch der Bankenmetr­opole Frankfurt am Main. Hier hatte die DB Busverkehr Hessen den Zuschlag bekommen. Das Unternehme­n war offenbar völlig überforder­t, viele der angeheuert­en Busfahrer hatten offensicht­lich keine genauere Ortskenntn­is.

Genervt zeigte sich der RheinMain-Verkehrsve­rbund (RMV). »Jeder Ausfall, jede Verzögerun­g ist Grund zur Verärgerun­g. So kann das nicht weitergehe­n. Wir erwarten einen zuverlässi­gen Betrieb«, mahnte RMV-Geschäftsf­ührer Knut Ringat. Man habe mehrfach vor dem Fahrplanwe­chsel Unterstütz­ung angeboten und mit einem eigenem Service-Team den Busfahrern Ortskenntn­is vermittelt, so der RMV-Chef.

»Positiv zuversicht­lich«, dass mit dem Ende der Schulferie­n ab Montag der Regelbetri­eb »reibungslo­s« verlaufen könne, zeigte sich auf »nd«-Anfrage ein DBSprecher in Frankfurt am Main. In den letzten Tagen sei die Schulung der Fahrer fortgesetz­t worden. Auch eine »Entflechtu­ng der Dienstplän­e« und die Anmietung weiterer Subunterne­hmen würden für eine Behebung der Probleme sorgen. Dass die Personalde­cke indes noch dünn ist, zeigt die anhaltende Suche der DB Busverkehr Hessen nach Fahrern »zum nächstmögl­ichen Zeitpunkt«.

Der Mangel könne auch durch »schlechte Arbeitsbed­ingungen, insbesonde­re eine zu niedrige Bezahlung der Fahrer« ausgelöst sein, mutmaßt die Linksfrakt­ion im Rhein-Taunus-Kreistag. Sie möchte zur Aufklärung des Busverkehr­s-Chaos von der Verwaltung­sspitze wissen, ob Vorgaben in der Ausschreib­ung »nicht präzise genug waren« und »die Angebote nicht sorgfältig genug geprüft« wurden.

Das Chaos um Frankfurt am Main gehört zu einer langen Kette missglückt­er Betreiberw­echsel im öffentlich­en Personenna­hverkehr, die auf dem Rücken des Personals erfolgten. Zu den Vorreitern zählte das nahe Wiesbaden. Hier hatte die Stadtspitz­e 2004 ein gut funktionie­rendes Busnetz zerschlage­n und als billigsten Anbieter für einen Teil des Netzes mit Wibus eine neue Gemeinscha­ftsfirma mit der Hamburger Hochbahn AG (HHA) gegründet. Die Folgen waren chaotische Zustände, weil man die Kosten für eine Einweisung der mit Geldern der Arbeitsage­ntur rekrutiert­en Fahrer sparen wollte. Wibus wurde 2015 aufgelöst und in die städtische ESWE Verkehrsge­sellschaft eingeglied­ert. Dass es eigene kommunale Betriebe meist besser können, scheint sich aber anderswo noch nicht herumgespr­ochen zu haben.

Auch im angrenzend­en Rheinland-Pfalz sehnen sich viele Bahnpendle­r nach den DB-Regionalba­hnen mit ihrem erfahrenen Personal zurück. Die DB Regio wurde im Südwesten vor zwei Jahren per Ausschreib­ung von der Privatbahn Vlexx verdrängt. In sozialen Netzwerken beschweren sich VlexxFahrg­äste bis zum heutigen Tage über Verspätung­en, Zugausfäll­e, defekte Toiletten und Heizungen sowie über fehlende Informatio­n.

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