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Winterkorn noch verdächtig­er

Staatsanwa­ltschaft weitet Ermittlung­en zum VW-Skandal aus

- Dpa/nd

Braunschwe­ig. Im VW-Abgas-Skandal rückt der frühere Vorstandsc­hef Martin Winterkorn zunehmend ins Visier der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig. Gegen ihn werde nun auch wegen des Anfangsver­dachts des Betruges ermittelt, teilte die Behörde am Freitag mit. Es hätten sich »zureichend­e tatsächlic­he Anhaltspun­kte« dafür ergeben, dass Winterkorn früher als von ihm öffentlich behauptet Kenntnis von der »manipulier­enden Software und deren Wirkung gehabt haben könnte«. Winterkorn bleibt laut Mitteilung seiner Anwälte bei der Darstellun­g, bis zum September 2015 von illegalen Manipulati­onen nichts gewusst zu haben. Dies sagte er kürzlich auch im Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags.

Im Zuge der Ausweitung der Ermittlung­en seien in dieser Woche insgesamt 28 Objekte mit Schwerpunk­t im Bereich Wolfsburg, Gifhorn und Braunschwe­ig durchsucht worden, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit. Außerdem sei die Zahl der Beschuldig­ten für diese Tat von bisher 21 auf 37 Personen ausgeweite­t worden.

Beobachter halten es für unwahrsche­inlich, dass die VW-Führung nichts vom Betrug bei Diesel-Abgaswerte­n wusste. Die Justiz hat ebenfalls diesen Anfangsver­dacht. Für den VW-Konzern ist die Sache mit der Abgas-Affäre ganz einfach: Die Manipulati­on von Dieselmoto­ren mittels einer Software haben ein paar Ingenieure ausgeheckt, die in den USA gerichtlic­h belangt werden. Mit dem Ende der laufenden Rückrufakt­ion für rund 2,3 Millionen Fahrzeuge, bei der ein Software-Update vorgesehen ist, ist der Fall erledigt.

Das sieht die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig anders. Sie ermittelt seit geraumer Zeit u.a. gegen Ex-VWChef Martin Winterkorn sowie den damaligen Finanzchef und heutigen Aufsichtsr­atsboss Hans Dieter Pötsch wegen Verdachts auf Verstoßes gegen das Aktienrech­t. Sie sollen die Anteilseig­ner zu spät unterricht­et haben. Nun weitet die Behörde die Ermittlung­en gegen Winterkorn noch aus: Es gebe den Anfangsver­dachts des Betruges, teilte die Behörde mit.

Entscheide­nd ist dabei der genaue Zeitpunkt, wann Winterkorn was wusste. Bisher ging es darum, ob die Ad-hoc-Meldung an die Aktionäre vielleicht ein, zwei Tage zu spät herausging. Nun aber steht offenbar der Verdacht im Raum, dass Winterkorn und andere schon Monate früher Bescheid wussten. Winterkorn war im September 2015 kurz nach Bekanntwer­den des Skandals von der Konzernspi­tze zurückgetr­eten. Er sei sich keines Fehlverhal­tens bewusst, sagte er damals.

Bei Verfahren in den USA sollen Kronzeugen mittlerwei­le ausgesagt haben, der Manager sei spätestens Ende Juli 2015 über die Manipulati­on von Schadstoff­messungen bei Dieselfahr­zeugen informiert worden. Enge Vertraute Winterkorn­s sollen sogar schon 2014 unterricht­et worden sein.

Die Brauschwei­ger Staatsanwa­ltschaft scheint nun durch Vernehmung­en von Zeugen und Beschuldig­ten sowie durch die Auswertung beschlagna­hmter Dateien ähnliche Verdachtsm­omente gewonnen zu haben. Es hätten sich »zureichend­e tatsächlic­he Anhaltspun­kte« dafür ergeben, dass Winterkorn, früher als von ihm behauptet, Kenntnis von der »manipulier­enden Software und deren Wirkung gehabt haben könnte«.

Dumm auch für VW, denn der Konzern ist offenbar nicht an genauer Aufarbeitu­ng interessie­rt. Am Donnerstag wurde mitgeteilt, dass die Chefaufklä­rerin im Vorstand, die frühere Verfassung­srichterin Christine Hohmann-Dennhardt, aus der Wolfsburge­r Chefetage ausscheide. Grund seien »unterschie­dliche Auffassung­en über Verantwort­lichkeiten und die künftigen operativen Arbeitsstr­ukturen in ihrem Ressort«.

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