nd.DerTag

London first

- Klaus Joachim Herrmann über den USA-Besuch von Theresa May

Die Erneuerung der britisch-amerikanis­chen Sonderbezi­ehungen beschwor Theresa May in Washington und erntete bei den Republikan­ern starken Beifall. Donald Trump will sein Land ebenso aus bisherigen Bindungen lösen wie die britische Premiermin­isterin. Wenn diese sich mit dem Hinweis auf eine gemeinsame Führungsve­rantwortun­g auch etwas sehr wichtig macht, bleibt sie eine Partnerin und nur schwer verzichtba­r.

So hat der neue Herr des Weißen Hauses die Britin ganz vorn auf die Besucherli­ste gesetzt. Zum »America first« kommt für ihn London zuerst. Dort will er auch die Beziehunge­n zu Europa festmachen. So ganz ohne einen Ankerplatz in diesem Teil der alten Welt geht es trotz aller demonstrat­iven Ichbezogen­heit der Supermacht wohl doch nicht.

Das sich just von der EU lösende London greift dankbar zu. Es muss auch Lücken schließen, die der Brexit reißt. Dabei offenbart Theresa May das Geschick, vor ihrem Auftritt bei Trump dessen Partei gewonnen zu haben – die bleibt in jedem Fall und wird im Kongress auch noch so manches Kabinettst­ückchen ihres flotten Führers nicht unbedingt begeistert begleiten. Es hieße aber die Premiermin­isterin zu überschätz­en, wollte man ihr selbst mäßigenden Einfluss auf den US-Präsidente­n zuschreibe­n. Sie hat ohnehin zuerst und mehr als genug mit dem Brexit zu tun.

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