ThyssenKrupp hat Ärger mit Aktionären
Kritik an Rüstungsexport bei der Hauptversammlung
Bei der Hauptversammlung von ThyssenKrupp am Freitag in Bochum hatte Vorstandschef Heinrich Hiesinger frohe Botschaften zu verkünden. Im Aufzugsbau sei das Unternehmen innovativ, automatisierte Lenksysteme seien ein zentraler Bestandteil für autonomes Fahren. Kurz gesagt, ThyssenKrupp sei ein »leistungsfähiger Industriekonzern«. Allerdings fiel das Unternehmen beim Gewinn im vergangenen Jahr leicht zurück. Hiesinger machte dafür das »schwierige Umfeld« und »große Schwankungen auf den Werkstoffmärkten« verantwortlich. Als Beispiel nannte der Konzernchef die Stahlsparte des Unternehmens, die zwar Milliarden Umsätze mache, aber keinen Gewinn.
Im Kernbereich steht bei ThyssenKrupp in naher Zukunft ein größerer Umbau an. Mit dem indisch-britischen Marktführer Tata verhandelt man seit Monaten über eine Fusion der Stahlsparten. Doch die Verhandlungen stellen sich, so Hiesinger, als schwierig heraus. Tata müsse erst mal Lösungen bei den Pensionsforderungen in Großbritannien finden. Ziel sei es, auch in Zukunft die Stahlproduktion in Europa sicherzustellen.
Dies könnte auf dem Rücken der ThyssenKrupp-Mitarbeiter gerade im Ruhrgebiet geschehen. Deswegen protestierten Mitglieder der IG Metall vor der Hauptversammlung. Die Arbeiter aus Duisburg und Bochum wollten auf ihre prekäre Situation aufmerksam machen und die Aktionäre an ihre gesellschaftliche Verantwortung erinnern. Allzu schnell wird es bei ThyssenKrupp wohl keine Entscheidung in der Stahlfrage geben. Erst nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai ist damit zu rechnen. Der Konzern ist mit der regierenden SPD verflochten und wird im Wahlkampf sicher keine Entlassungen ankündigen.
Kritik am Unternehmen übten bei der Hauptversammlung der Dachverband Kritischer Aktionäre, die Christliche Initiative Romero und andere Nichtregierungsorganisationen. Sie fokussierten sich in diesem Jahr auf drei Themen. So wurde kritisiert, dass das Stahlwerk des Konzerns in Rio de Janeiro seit Jahren starke Umweltschäden verursache und dessen Betriebsgenehmigung unter höchst fragwürdigen Bedingungen erteilt worden sei. Barbara Happe, Vorstandsmitglied der Kritischen Aktionäre, wies daraufhin, dass ThyssenKrupp beim Rüstungsexport bereit sei, alles zu machen, was »gerade noch legal« sei. Als aktuelles Beispiel nannte sie die U-BootLieferungen nach Israel und Ägypten – es würden Staaten beliefert, die potenziell in Konflikt miteinander geraten könnten. Außerdem prangerten die Organisationen den Kauf von Kohle aus den Minen der Bergbauriesen Vale und Rio Tinto in Mosambik an, für die über 1700 Familien umgesiedelt worden seien, die nun keinen Zugang zu Trinkwasser und ökonomische Probleme hätten. ThyssenKrupp-Chef Hiesinger wurden 30 000 Unterschriften übergeben, die den Konzern dazu auffordern, seiner Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten nachzukommen.
Insgesamt vertrat der Dachverband bei der Hauptversammlung das Stimmrecht einer fünfstelligen Zahl an Aktien – eine klitzekleine Minderheit angesichts der Gesamtzahl von rund 570 Millionen im Umlauf befindlichen Papieren. Einige andere Kapitalvertreter sehen die NGOs als »linksgrüne Pseudoaktionäre« an, bei anderen komme die Kritik im Rüstungsbereich aber auch an. Immer mehr Aktionärsgruppen sehen hier betriebswirtschaftliche Probleme mit der »Compliance« (Regeltreue) des Unternehmens.