nd.DerTag

2. »Deutschlan­d ist ein sehr gleiches Land«

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Die Ungleichhe­it sei hierzuland­e »recht unspektaku­lär«, schreiben die Ökonomen Lars P. Feld und Christoph M. Schmidt. Denn »hinsichtli­ch der Einkommens­verteilung rangiert Deutschlan­d etwa im Mittelfeld der OECD-Länder«. Kein Grund zur Aufregung oder Umverteilu­ng? Gegenargum­ent Es stimmt, in vielen Ländern sind die Einkommen ungleicher verteilt als in Deutschlan­d. Allerdings ist die Kluft zwischen Arm und Reich in den Industries­taaten insgesamt gestiegen: »Noch nie in der Geschichte der OECD war die Ungleichhe­it in unseren Ländern so hoch wie heute«, erklärte der Generalsek­retär der Industriel­änder-Organisati­on OECD, Angel Gurría, bereits 2015. Der Maßstab hat sich also verschoben: Was heute »unspektaku­lär« ungleich ist, war früher spektakulä­r ungleich.

Zweitens bezieht sich das Argument nur auf die Einkommen – bei den Vermögen ist die Verteilung in Deutschlan­d extrem ungleich. Laut Bundesbank besaßen im Jahr 2014 die reichsten zehn Prozent fast 60 Prozent des Nettovermö­gens. Vielleicht sind es auch 70 Prozent, so genau weiß man das nicht.

Drittens sind die verfügbare­n Einkommen in Deutschlan­d laut OECD zwar gleichmäßi­ger verteilt als im Durchschni­tt der anderen Industriel­änder. Bei den Markteinko­mmen – also vor staatliche­r Umverteilu­ng über Steuern und Leistungen – sieht die Sache aber anders aus. Gerade Niedriglöh­ne sind in Deutschlan­d besonders weit verbreitet, auch im internatio­nalen Vergleich.

All das bedeutet: Viele Menschen verdienen sehr wenig, einige sehr viel. Dass die Ungleichhe­it bei den verfügbare­n Einkommen geringer ist, liegt an der staatliche­n Umverteilu­ng über Steuern und Sozialleis­tungen. Das ist ein Argument für Umverteilu­ng – und nicht gegen die Existenz von Ungleichhe­it in Deutschlan­d.

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