Nicht nur Hannibal
Die Eigentümerfirma des Hannibal-Hochhauses steht nicht nur in Dortmund in der Kritik
Eigentümer von Hochhäusern stehen vielerorts in der Kritik.
Der Dortmunder Hochhaus-Komplex Hannibal ist womöglich für zwei Jahre nicht bewohnbar. Die Eigentümerfirma Intown steht derweil auch anderswo in der Kritik – wegen stockender Renovierungen. Vor gut einem Monat mussten über 700 Bewohner des Hochhaus-Komplexes Hannibal in Dortmund ihre Wohnungen aus Brandschutzgründen verlassen und bis auf Weiteres in andere Gebäude umziehen. Die Stadt hat für die ehemaligen Bewohner des Gebäudes im Stadtteil Dorstfeld nun eine dritte Informationsveranstaltung abgehalten, zu der nur noch knapp 100 Menschen kamen. Es gab keine guten Nachrichten: Für die Sanierung des Gebäudes werden etwa zwei Jahre veranschlagt. Das bedeutet für die Menschen aus den insgesamt acht Hochhäusern, dass sie sich definitiv neue Wohnungen suchen müssen. Die Eigentümerin des Hochhauskomplexes, die Firma Intown, teilte dies den Bewohnern übrigens nicht mit. Vielmehr wurde der städtische Bauamtsleiter telefonisch darüber informiert – er hatte die undankbare Aufgabe, den Menschen mitzuteilen, dass es keine schnelle Rückkehr in ihr Zuhause gibt.
Für eine besonders gute Außenkommunikation ist Intown auch sonst nicht bekannt. In Wuppertal, wo im Juni ebenfalls ein Hochhaus der Firma geräumt werden musste, war die Stadt schon über telefonische Kontakte froh. Dort hatten die Mieter mehr Glück als in Dortmund: Nach der Entfernung der Hausfassade konnten sie zurück in ihre Wohnungen.
Von außen sieht das Haus derzeit aus wie ein Rohbau. Es ist zwar wieder in einem bewohnbaren Zustand, doch die Renovierungsarbeiten stocken. Anfragen bei Intown nach den Häusern in Wuppertal und in Dortmund werden an eine Kommunikationsagentur in Berlin weitergeleitet, die konkrete Anfragen aber nicht beantwortet. Sie sendet nur Pressemitteilungen. In der neuesten Erklärung zum Dortmunder Hannibal wird deutlich, dass die wohl zweijährige Dauer der Arbeiten kein Hinweis darauf ist, dass die Menschen in zwei Jahren auch wieder zurück können. »Die rechtliche Würdigung und mögliche Planungs- und Realisierungsmaßnahmen sind derzeit noch nicht abgeschlossen«, heißt es. Das bedeutet womöglich: Intown zweifelt weiter daran, dass die Räumung rechtens war, und denkt vielleicht noch gar nicht daran, die Sanierung zu planen.
Das wäre nicht das erste Mal. Bundesweit gibt es laut Kritikern weitere Beispiele von offenbar maroden Immobilien der Firma, bei denen es mit den Renovierungen stockt. In Schwerin, wo Intown 1100 Wohnungen gehören, beklagt sich eine Mieterinitiative über Schäden an den Häusern und teilweise Schimmelbefall; Intown hat eine Sanierung seit längerem angekündigt. In Leipzig hat das Unternehmen das Hotel Astoria, nah am Bahnhof gelegen, gekauft. Nach 20 Jahren Leerstand atmete die Stadt auf. Nun die Ernüchterung: Intown kündigte zwar eine Sanierung an, hat aber laut »Bild«-Zeitung noch nicht einmal einen Bauantrag gestellt.
Auch in Hannover, bei Intowns größtem Gebäudekomplex, dem Ihme-Zentrum, beklagt sich die Stadt über »mangelnde Investitionsbereitschaft« des Eigentümers. Immerhin hat die Stadt hier ein Druckmittel in der Hand: Mietverträge über städtische Büros im Ihme-Zentrum sollen nicht verlängert werden, wenn die Sanierung nicht bald beginnt.
Das Ihme-Zentrum wie auch das Hannibal in Dortmund, beides Großbauten aus den 1970er Jahren, kaufte Intown aus Zwangsversteigerungen. Beide waren in einem höchst sanierungsbedürftigen Zustand, wonach sich seit den Übernahmen nicht viel geändert hat. »Der Hannibal hatte und hat einen sehr großen Instandhaltungstau. Dieser war bereits bei der Zwangsversteigerung im Dezember 2011 im Wertgutachten do- kumentiert«, erklärt Tobias Scholz vom Dortmunder Mieterverein. »Die Lütticher 49 Properties beziehungsweise die beauftragten Hausverwaltungen haben Wohnungsmängel in den vergangenen Jahren sehr häufig nicht, zu langsam oder zur Unzufriedenheit der Mieter beseitigt. Aufzugsausfälle gehören zur Tagesordnung. Der Aufzug eines Hauses wurde nach unzähligen Ausfällen ausgetauscht, weil ein Mieter erfolgreich auf Instandsetzung geklagt hatte.«
Unter dem Namen Lütticher 49 Properties wurde das Gebäude in Dortmund gekauft. Danach hieß die Firma mal DGC, dann wurde auf Newtown und später auf Intown Property Management GmbH gewechselt. Auch das scheint laut Erkenntnissen von Mieterverbänden ein üblicher Vorgang bei Intown zu sein. Die GmbHs haben oft ihren Sitz in der Berliner Möckernstraße. Immer dieselben Personen treten als Geschäftsführer auf.
Doch wer steht wirklich hinter Intown? Gesellschafter des Unternehmens sind die Fristenor Limited und
Bundesweit gibt es laut Kritikern weitere Beispiele von offenbar maroden Immobilien der Firma, bei denen es mit den Renovierungen stockt.
die Devomo Limited, beide mit Sitz auf Zypern. Unter der genannten Adresse sieht man bei Google Maps ein dünn besiedeltes Wohngebiet am Rande der Hauptstadt Nikosia. Gründungen von Limited-Firmen, die deutschen GmbHs ähneln, sind auf Zypern sehr einfach. Als Stammkapital genügt eine niedrige Summe. Auf Internetseiten, die bei der Gründung helfen, wird Zypern als bürokratiearmes Steuerparadies angepriesen. Der Unternehmenssteuersatz beträgt nur 12,5 Prozent.
Für beide Intown-Gesellschafter ist eine zyprische Anwaltskanzlei, die sich auf Unternehmens- und Steuerrecht spezialisiert hat, als Geschäftsführer eingetragen. Der Kopf hinter Intown ist laut zahlreichen Medienberichten der israelische Investor Amir Dayan. Er soll selbst die Verhandlungen um das Ihme-Zentrum in Hannover geführt haben, berichten lokale Medien. Ansonsten ist Dayan sehr zurückhaltend, Bilder von ihm gibt es nicht. Und er taucht nur selten in den offiziellen Unterlagen zum Intown-Universum auf.
Das Geschäftsmodell in Deutschland ist simpel: Sogenannte Problemimmobilien werden günstig erworben. An deren Zustand ändert sich nichts. Wenn es zu Schwierigkeiten wie aktuell in Dortmund kommt, haben Mieter das Nachsehen.