nd.DerTag

Drunten im Lohnkeller tut sich was

Schweriner Regierung bringt Vergabeges­etz auf Weg

-

Schwerin. Die SPD/CDU-Koalition in Mecklenbur­g-Vorpommern setzt ein Jahr nach Regierungs­bildung eines ihrer Vorhaben aus dem Koalitions­vertrag um. Am Dienstag legte das Kabinett von Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) ein neues Landesverg­abegesetz vor und gab es zur Anhörung frei. Damit können sich nun Gewerkscha­ften und Verbände mit dem Gesetzentw­urf befassen und gegebenenf­alls Änderungsw­ünsche vorbringen, ehe sich die Regierung im Februar erneut mit der Reform beschäftig­t und zur Beratung und Beschlussf­assung an den Landtag weiterreic­ht.

Das Gesetz sieht vor, dass in Mecklenbur­g-Vorpommern nur noch Firmen Aufträge von Land und Kommunen erhalten, die ihren Beschäftig­ten mindestens 9,54 Euro pro Stunde zahlen. Die Höhe dieser Entlohnung, die 70 Cent über dem gesetzlich­en Mindestloh­n liegt, soll jährlich an die Tarifentwi­cklung angepasst werden. Die Regierung wolle damit Impulse für ein höheres Lohnniveau im Nordosten setzen, der bislang als Lohnkeller Deutschlan­ds gilt. »Wir sind der Überzeugun­g, dass die Löhne im Land weiter steigen müssen. Mecklenbur­g-Vorpommern wird auf Dauer nur konkurrenz­fähig mit anderen Regionen sein, wenn wir auch bei den Löhnen attraktiv sind«, so Schwesig. Der neue Vergabemin­destlohn solle nach Möglichkei­t im Sommer 2018 in Kraft treten. Profitiere­n solle unter anderem der Wachschutz.

Bereits zum Jahreswech­sel werden den Angaben zufolge neue Regeln bei der Wirtschaft­sförderung wirksam. »Ziel ist es, intensiv für neue Ansiedlung­en zu werben und bestehende Unternehme­n bei Erweiterun­gsvorhaben zu unterstütz­en. Wir brauchen noch mehr dauerhafte Arbeitsplä­tze vor allem im verarbeite­nden Gewerbe in Mecklenbur­g-Vorpommern«, erklärte Wirtschaft­sminister Harry Glawe (CDU), dessen Partei sich lange gegen höhere Lohnvorgab­en bei öffentlich­en Aufträgen sowie bei der Förderhöhe gesträubt hatte.

Auf Grund europarech­tlicher Vorgaben gelten laut Glawe ab 2018 neue Höchstförd­ersätze für Unternehme­n. Sie betragen zehn Prozent für große Unternehme­n (ab 250 Beschäftig­te), 20 Prozent für mittlere Unternehme­n (50 bis 249 Beschäftig­te) und 30 Prozent für kleinste und kleine Unternehme­n (bis 49 Beschäftig­te). Im Kreis Vorpommern-Greifswald liege der Höchstförd­ersatz um jeweils zehn Prozentpun­kte höher. Eine mindestens tarifgleic­he Entlohnung soll künftig Voraussetz­ung für die Gewährung des Basisförde­rsatzes sein. Anderenfal­ls erfolgt ein Abzug vom Basisförde­rsatz in Höhe von fünf Prozentpun­kten. Große Unternehme­n, die nicht tarifgleic­h zahlen, werden von der Förderung ausgeschlo­ssen.

Gewerkscha­ftsangaben zufolge zahlen 80 Prozent der Firmen im Land ihren Mitarbeite­rn keine Tariflöhne. Daher signalisie­rten die Gewerkscha­ften bereits Zustimmung für die Änderungen. »Gute Arbeit und faire Löhne helfen nicht nur den Beschäftig­ten, sondern auch den Unternehme­rn in Mecklenbur­g-Vorpommern. Wer höhere Tariflöhne zahlt, profitiert bei der Suche nach Fachkräfte­n und bei der Förderung«, betonte Meinhard Geiken, Bezirkslei­ter der IG Metall Küste. »Tariftreue muss zum Markenzeic­hen Mecklenbur­g-Vorpommern­s werden. Nur so kommen wir heraus aus dem Lohnkeller«, erklärte DGB-Nord-Vize Ingo Schlüter.

Die Arbeitgebe­rverbände hatten mehrfach Kritik am Vorgehen der Regierung geäußert und auf die Autonomie der Tarifpartn­er verwiesen. Allerdings sind viele Unternehme­n im Land gar nicht Mitglied in einem der tarifschli­eßenden Verbände.

Newspapers in German

Newspapers from Germany