Mit höchsten Ansprüchen
Henk Groener – zukünftiger Trainer der deutschen Handballerinnen – über Respekt, Systeme und Ambitionen
Sie sind bei der Weltmeisterschaft nicht in Leipzig vor Ort. Warum lassen Sie sich die Gruppe mit ihrem alten und neuen Team entgehen? Ich war vor ein paar Tagen beim Trainersymposium in Leipzig, aber da war ich auch nicht in der Halle. Es hat, glaube ich, etwas mit Respekt zu tun, wenn ich meinen Kopf nicht in der Halle herumtrage. Schließlich hat mit Michael Biegler mein Vorgänger bei den deutschen Frauen zu tun und mit Helle Thomsen mein Nachfolger bei den niederländischen.
Sie werden sich demnach auch nicht zum aktuell laufenden Turnier äußern?
Richtig. Ich kenne das von meinen Trainerstationen selbst, wie befremdlich es wirken kann, wenn sich alte oder künftige Coaches zu meiner Arbeit geäußert haben.
Wie verfolgen Sie die WM?
Ich sehe mir die Spiele der Leipziger Gruppe im Fernsehen an. Außerdem beobachte ich die Partien der Spanierinnen, die in der EM-Qualifikation im kommenden Jahr ein Gegner der deutschen Mannschaft sein werden. Die Niederlande hat bei den drei zurückliegenden Turnieren stets das Halbfinale erreicht, nachdem das Team zuvor weit von der Weltspitze entfernt war. Wie war das möglich? Das ist eine Entwicklung, die schon einige Jahre zuvor angefangen hat. Wir hatten auch bei den Weltmeisterschaften 2011 und 2013 gute Leistungen gezeigt, waren da aber jeweils im Achtelfinale am späteren Weltmeister gescheitert, deshalb wa- ren die Platzierungen nicht, die Entwicklung aber schon erkennbar. 2015 und danach hat eben alles gepasst.
Wie ist so eine Entwicklung möglich, wie viel Zufall und wie viel System stecken dahinter?
Wir haben im Jahr 2006 eine Handballakademie im Olympiatrainingszentrum gegründet, in der 25 Spielerinnen im Alter von 16 bis 20 Jahren dauerhaft gelebt und trainiert ha- ben. In diesem Internat wurde sehr gut und strukturiert gearbeitet und deshalb hat die Niederlande eine Vielzahl von talentierten Spielerinnen bekommen.
Ein staatlich gestütztes Projekt? Zum Teil. Die Kosten haben das Nationale Olympische Komitee, der Handballverband und die Eltern der Spielerinnen getragen. Alle haben mitgeholfen und das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Ein ähnliches System für den männlichen Bereich, der international weiterhin abgehängt ist, gibt es aber nicht. Warum?
So etwas war auch geplant, aber die Vereine haben sich gesträubt, ihre Talente in dieses Internat abzugeben. Im nächsten Jahr soll ein solches Konstrukt aber eingeführt werden.
Sie beginnen im Januar mit ihrer Arbeit für den DHB. Ist ein System wie in Ihrer Heimat auch ein denkbares für Deutschland? Deutschland hat ganz andere Strukturen, eine viel bessere und stärkere Basis in den Vereinen und in den ver- gangenen Jahren mit der eigenen Struktur sehr viel erreicht. Bei den Männern sind die Deutschen in der Weltspitze, bei den Frauen nahe dran und vor allem in Nachwuchs sehr gut dabei. Es wurde bereits sehr viel Gutes in die Wege geleitet, so dass ein System wie in den Niederlanden nicht implementiert zu werden braucht.
Das klingt so, als seien die Voraussetzungen gut, dass Sie mit den deutschen Frauen den Weg in die Weltspitze fortsetzen können.
Ich bin mir mit DHB-Vizepräsident Bob Hanning und Sportvorstand Axel Kromer einig, dass der weltgrößte Verband den Anspruch haben muss und darf, auch bei den Frauen zur Weltspitze zu gehören.
Die Medaillenrunde sollte demnach dauerhaft das Ziel der deutschen Handballerinnen sein?
Über die Zukunft möchte ich erst ab Januar reden. Zu meinen Ambitionen so viel: Es war in meiner Zeit als Nationaltrainer der Niederlande immer mein Anspruch, eine Medaille zu gewinnen, auch wenn es ein langer Weg dorthin war.