nd.DerTag

Der gute Ruf

Uwe Kalbe über Merkels Dialog mit UNHCR-Kommissar Grandi

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Es ist gut, wenn die Bundeskanz­lerin den Dialog mit dem UNOFlüchtl­ingshilfsw­erk UNHCR führt. Ohne Institutio­nen wie diese würde die Flucht von Millionen Menschen viel öfter als dies jetzt bereits geschieht nicht nur in Chaos und Elend, sondern tödlich enden. Deutschlan­d ist in den letzten Jahren zum zweitgrößt­en Geldgeber des UNHCR nach den USA geworden. Auch das ist zu begrüßen. Die Tatsache mag ihren Teil zum guten Ruf leisten, den Deutschlan­d und die Kanzlerin internatio­nal immer noch genießen, wenn es um Flüchtling­e geht.

Allerdings verschwind­en die Gründe zur Flucht nicht, wenn man nur dafür sorgt, dass die Menschen auf ihrem Weg nicht verhungern. Dass sie fliehen müssen, ist das Problem. Brosamen sind keine dauerhafte Lösung. Hier zeigt sich der Januskopf der deutschen Flüchtling­spolitik. Deutschlan­d profitiert von der Kluft zwischen Nord und Süd. Unbarmherz­ige Gesetzesve­rschärfung­en sorgen dafür, dass die Menschen nicht nur in Deutschlan­d, sondern in der EU keine Perspektiv­e erhalten. Prompt weist der Bundesinne­nminister auf die in der Koalition vereinbart­e Obergrenze, wenn die Bundesregi­erung dem UNHCR die Aufnahme von 10 200 Flüchtling­en verspricht. Und bei der Installati­on von Lagern entlang der Elendsrout­en in Afrika weist Deutschlan­d dem UNHCR offenbar sogar eine besondere Rolle zu. Hier würde man sich manchmal ein klares, distanzier­endes Wort von Kommissar Grandi wünschen, trotz aller finanziell­en Abhängigke­iten. Deutschlan­d hat immerhin einen Ruf zu verlieren.

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