nd.DerTag

Warnschuss für Daniel Ortega

Martin Ling über die Proteste in Nicaragua gegen die »Sozialrefo­rm«

-

Die Botschaft an Präsident Daniel Ortega ließ an Deutlichke­it nichts zu wünschen übrig: Eine als Sozialrefo­rm verbrämte Politik des Sozialabba­us ist mit Nicaraguas Bevölkerun­g nicht zu machen, schon gar nicht per Dekret unter Umgehung des Parlaments – von Partizipat­ion der Zivilgesel­lschaft ganz zu schweigen. Nun hat der 2006 nach 16-jähriger Opposition wieder an die Regierungs­spitze gelangte Ortega die umstritten­e Reform kassiert. Nun soll ein breiter Dialog zwischen der Regierung und den Arbeitern ermöglicht und der Frieden wieder hergestell­t werden. Anscheinen­d hat Ortega die Botschaft verstanden, oder doch nur scheinbar?

Ortega, der ehemalige sandinisti­sche Revolution­sführer, verdankte seine Rückkehr an die Fleischtöp­fe der Macht einem Deal mit der rechten Opposition, der katholisch­en Kirche und Teilen der wirtschaft­lichen Oligarchie sowie der Unterstütz­ung Venezuelas in Form von Öl zu Vorzugspre­isen. Seit Venezuela sich die Scheckbuch­diplomatie via Petrodolla­rs nur noch eingeschrä­nkt leisten kann, ist die ökonomisch­e Basis für das klientelis­tische Modell Ortegas deutlich schmaler geworden. Das defizitäre Sozialvers­icherungss­ystem ist nur ein Ausdruck davon. Das Problem muss angegangen werden, doch Ortega sollte mit dem Gürtel enger schnallen bei sich selbst anfangen und dann das Wirtschaft­smodell überdenken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany