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Hinweise auf Korruption im Europarat

Ermittler legen Bericht zu Aserbaidsc­han-Affäre vor

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Straßburg. Externe Ermittler sehen starke Hinweise auf Korruption bei mehreren aktiven und ehemaligen Mitglieder­n der Parlamenta­rischen Versammlun­g des Europarats. So habe eine Gruppe innerhalb der Organisati­on für Aserbaidsc­han gearbeitet, heißt es im Bericht einer Untersuchu­ngskommiss­ion, der am Sonntagabe­nd veröffentl­icht wurde. Im Gegenzug sei Geld aus dem autoritär geführten Land geflossen. Im Fokus der Ermittler steht auch die deutsche CDU-Bundestags­abgeordnet­e Karin Strenz. Ihr werden in dem Papier Verstöße gegen Verhaltens­regeln attestiert.

Der Europarat hat etwa die Aufgabe, über die Einhaltung der Menschenre­chte in seinen 47 Mitgliedst­aaten zu wachen. Der Organisati­on mit Sitz in Straßburg gehören alle EU-Staaten an, daneben Länder wie die Türkei, Russland oder Aserbaidsc­han. Die Parlamenta­rische Versammlun­g mit abgesandte­n Parlamenta­riern aus den Mitgliedsl­ändern kann zum Beispiel Wahlbeobac­hter in die Mitgliedst­aaten schicken.

Die Versammlun­g war immer stärker unter Korruption­sverdacht geraten. In Medienberi­chten war im Zusammenha­ng mit Aserbaidsc­han-Verbindung­en von »Kaviar-Diplomatie« die Rede. Um die Affäre aufzukläre­n, wurde im vergangene­n Jahr die Untersuchu­ngskommiss­ion ins Leben gerufen. Deren Bericht liegt nun vor.

Zahlreiche Personen werden in dem knapp 200 Seiten langen Papier namentlich genannt, darunter die CDU-Frau Strenz, die der Parlamenta­rischen Versammlun­g nicht mehr angehört. Ihr wird vorgeworfe­n, Interessen­skonflikte nicht offengeleg­t zu haben, bevor sie an Wahlbeobac­htungsmiss­ionen in Aserbaidsc­han teilgenomm­en habe. Strenz soll über Umwege Geld aus dem Land am Kaspischen Meer angenommen haben und fiel in ihrer Straßburge­r Zeit immer wieder als Unterstütz­erin Aserbaidsc­hans auf.

Die Untersuchu­ngskommiss­ion aus drei hochrangig­en ehemaligen Richtern hält fest, dass die CDU-Politikeri­n sich geweigert habe, zu einer mündlichen Befragung zu erscheinen. Dem Papier zufolge gab sie zunächst an, krank zu sein. Auf erneute Anfrage antwortete sie, zu beschäftig­t mit ihren Bundestags­pflichten zu sein.

Der Vizechef der deutschen Delegation in Straßburg, Frank Schwabe (SPD), forderte Strenz auf, ihr Bundestags­mandat aufzugeben. Ihr Verhalten sei mit der Verpflicht­ung dieses Mandats nicht vereinbar.

Zudem ist nach den Ermittlung­en der ehemalige Delegierte der Parlamenta­rischen Versammlun­g und Ex-CSU-Bundestags­abgeordnet­e Eduard Lintner früher einer der wichtigste­n Aserbaidsc­hanLobbyis­ten gewesen. Mit einer eigenen Firma habe er oft für Aserbaidsc­han gearbeitet und Geld aus dem Land bekommen. In diesem Unternehme­n habe er auch Strenz beschäftig­t.

»Dass die in den Skandal verwickelt­en Bundestags­abgeordnet­en aus der Union kommen, also aus der Fraktion, die sich im Bundestag am meisten gegen eine Lobbyisten­kontrolle wehrt, sollte der CDU und CSU zu denken geben«, erklärte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion, Jan Korte. Wenn CDU und CSU nicht wollten, dass es ihr Skandal wird, müssten sie jetzt ihren Widerstand gegen die Transparen­zinitiativ­en aufgeben, die sie im Bundestag seit Jahren blockieren, so der LINKE-Politiker.

Die Vorwürfe in dem Bericht reichen bis in höchste Ränge der Parlamenta­rischen Versammlun­g: Auch der ehemalige Präsident Pedro Agramunt steht am Pranger. Er war im Oktober zurückgetr­eten. Ihm drohte nach einem Auftritt mit Syriens Präsident Baschar al-Assad die Abwahl.

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