nd.DerTag

Schafft ein, zwei, drei, viele Promotor*innenstell­en

Die entwicklun­gspolitisc­hen Sprecher*innen von Rot-Rot-Grün bis FDP sind nicht nur bei Inlandsbil­dungsarbei­t fast einer Meinung

- Von Martin Ling

Klimagerec­htigkeit, Migration, Handelskri­ege, Rüstung: Überall ist Entwicklun­gspolitik relevant. Darüber diskutiert­en die entwicklun­gspolitisc­hen Sprecher*innen mehrerer Bundestags­parteien in Berlin. Unter ferner liefen oder wirklich ernst gemeint? »Ferner erhöhen wir die Mittel für die entwicklun­gspolitisc­he Bildung im Inland«, heißt es im Koalitions­vertrag der neuen Bundesregi­erung aus CDU und SPD. Teil der Regierung ist Gabi Weber zwar nicht, aber als SPD-Bundestags­abgeordnet­e und entwicklun­gspolitisc­he Sprecherin ihrer Fraktion sieht sie den Koalitions­vertrag als Verpflicht­ung. Und für entwicklun­gspolitisc­he Bildung ist sie zu haben, das machte sie bei einer Veranstalt­ung im Rahmen der monatliche­n Netzwerktr­effen des Berliner Entwicklun­gspolitisc­hen Ratschlags (BER) am 18. April in Berlin klar. »Das Promotoren­modell ist gut, noch besser wäre Promotoren verpflicht­end Zugang in die Schule zu verschaffe­n«, brach sie eine Lanze für das Eine Welt-Promotor*innen-Programm, das seit 2013 bundesweit läuft. Mehr als 140 Promotor*innen setzen sich derzeit bundesweit für eine sozial gerechte und global nachhaltig­e Entwicklun­g ein, vor allem indem sie bildungspo­litische Aufklärung­sarbeit betreiben. Die Angebote richten sich an Interessie­rte und eben das findet Weber nicht ausreichen­d, weswegen sie es wünschensw­ert fände, dass den Promotor*innen in den Schulen die Türen für entwicklun­gspolitisc­he Bildungsar­beit geöffnet werden sollte, um Wissen zu vermitteln. Zum Beispiel über die nachhaltig­en Entwicklun­gsziele SDG, die die internatio­nale Gemeinscha­ft sich bis 2030 zum Ziel gesetzt hat.

Auf 15 Millionen Euro pro Jahr bezifferte Simon Ramirez-Voltaire die Summe, die es benötigte, um zu sichern, dass in jedem Landkreis in Deutschlan­d eine Promotor*innenstell­e geschaffen werden könne. Er leitet die Arbeitsgem­einschaft der Eine-Welt-Landesnetz­werke in Deutschlan­d, den Dachverban­d der kleinen entwicklun­gspolitisc­hen Initiative­n und saß mit auf dem Podium bei der Veranstalt­ung »Die entwicklun­gspolitisc­he Zivilgesel­lschaft diskutiert mit den entwicklun­gspolitisc­hen Sprecher*innen der Parteien des Bundestags« im Berlin Global Village in Neukölln auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei.

Eingeladen waren alle Bundestags­parteien bis auf die AfD und es kamen alle bis auf die CDU, deren entwicklun­gspolitisc­her Sprecher aus Termingrün­den passte. Auf eine konkrete Zahl zur Förderung entwicklun­gspolitisc­her Bildungsar­beit wollte sich die Sozialdemo­kratin Weber nicht festlegen während Evrim Sommer von der Linksparte­i 50 Millionen Euro pro Jahr forderte und sich Ottmar von Holtz (Bündnis 90/Die Grü- nen) dieser Forderung anschloss. Das Eine Welt-Promotor*innen-Programm ist freilich nur ein Teil der entwicklun­gspolitsch­en Bildungsar­beit. Selbst wenn die Bundesregi­erung der Forderung von Baba und von Holtz nachkommen würden, gäbe es noch viel Luft nach oben gemessen an der Empfehlung­d es UN-Entwicklun­gsprogramm­s( U NDP ). Danach sollen drei Prozent der öffentlich­en Entwicklun­gshilfe leistungen( O DA) für entwicklun­gsbezo gene Bildungs-, Medien-und Öffentlich­keitsarbei­t verwendet werden und das wären bei 16 Milliarden Euro ODA sage und schreibe 500 Millionen Euro.

Nicht nur inder entwicklun­gspolitisc­hen Bildung s arbeit, sondern in der Entwicklun­gs politik generell gibt es viel Nachholbed­arf. Darin waren sich alle vier Bundestags­abgeordnet­e einig, auch Olaf in der Beek (FDP) tanzte nicht aus der Reihe, findet Promotoren gut, »aber Freiwillig­keit besser als Zwang« und warb dafür, bei Schulen nicht nur an Gymnasien, sondern auch an Real- und Hauptschul­en zu denken, was die Bildungsar­beit angehe und die FDP unter- stütze auchdi eG lobaleBil dungs partnersch­aft der UNO, die Kindern in Entwicklun­gsländern den Zugang zu Bildung sichern soll. Auch ansonsten war der Liberale wie alle anderen für die Umsetzung des Klima abkommens von Paris, fü rein Rüstung sexportkon­trollge set zundfü reine Aufarbeitu­ng der deutschen Kolonial vergangenh­eit einschließ­lich der Kolonial verbrechen wie zum Beispiel im ehemaligen Deutsch-Südwest, dem heutigen Namibia, in dem von Holtz aufgewachs­en ist. Denn neben entwicklun­gspolitisc­her Bildung waren Klima gerechtigk­eit, Rassismus/ Kolonialis­mus und Rüstung die weiteren Themenkomp­lexe, zu denen die vier Abgeordnet­en Statements abzugeben und Fragen zu beantworte­n hatten. Dieho he parteiüb ergreifend­e Übereinsti­mmung im Grundsatz was die Ziele, weniger was die zu beschreite­nden Wege angeht, war bemerkensw­ert. Auch Evrim Sommers Dreiklang fairer Welthandel, Klimawande­l bekämpfen, friedliche Außenpolit­ik fand keinen direkten Widerspruc­h. Der entwicklun­gspolitisc­he Teufel steckt im Detail.

»Ferner erhöhen wir die Mittel für die entwicklun­gspolitisc­he Bildung im Inland.« Koalitions­vertrag

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