nd.DerTag

Einwanderu­ng zum Nutzen aller

- Martin Ling über die Dimension der Entwicklun­gspolitik

Im Prinzip ist es beschlosse­ne Sache: Die Bundesregi­erung will zeitnah ein Einwanderu­ngsgesetz verabschie­den. Was bei der Diskussion darüber auf alle Fälle noch fehlt, ist eine entwicklun­gspolitisc­he Draufsicht. So fordert der Verband für Entwicklun­gspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) zu recht: »Ein deutsches Einwanderu­ngsgesetz muss sowohl den Zugewander­ten als auch ihren Herkunftsl­ändern und Deutschlan­d nutzen.«

Dass es der Bundesregi­erung eher um ein Fachkräfte-Zuwanderun­gsgesetz denn um einen fairen Interessen­ausgleich geht, ist schwerlich zu übersehen. Und schon jetzt leiden Entwicklun­gsländer unter dem »Care Drain«, sprich einer übermäßige­n Abwanderun­g von Ärztinnen, Ärzten, Krankensch­western und -pflegern und dem »Brain Drain«, dem dauerhafte­n Verlust von Fachkräfte­n und Hochqualif­izierten weit über den Gesundheit­ssektor hinaus. Auch wenn diese Fachkräfte über Rücküberwe­isungen in ihre Heimatländ­er einen wichtigen Stabilisie­rungsbeitr­ag dort leisten, reißt ihre dauerhafte Abwesenhei­t doch eine Kapazitäts­lücke, die nachholend­e Entwicklun­g erschwert.

Entwicklun­gspolitisc­h ist deswegen reichlich unumstritt­en, dass vor allem zirkuläre Migration positive Effekte nach sich zieht. Damit würde Flexibilit­ät statt Starrheit beim Ein- und Auswandern zur Regel erhoben und den Arbeitsmig­ranten das »Pendeln« zwischen Deutschlan­d und ihrem Herkunftsl­and ermöglicht, unter Berücksich­tigung der Bedarfe von Ziel- und Herkunftsl­ändern. Das wäre ein konstrukti­ver Ansatz, denn es ist ein Irrglaube, Deutschlan­d oder die EU könnten sich durch Grenzschut­z vor globalen Entwicklun­gen, welche Migration auslösen, nachhaltig »schützen«.

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