nd.DerTag

Überflüssi­ger Streit

Kurt Stenger über die Regierungs­krise in Griechenla­nd

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Panagiotis Kammenos empfing am Sonntag erst die heilige Kommunion vom Athener Metropolit­en, bevor er dem linken griechisch­en Ministerpr­äsidenten Alexis Tsipras seinen Rücktritt als Verteidigu­ngsministe­r mitteilte. Beistand von ganz oben wird der rechtspopu­listische Chef des kleinen Koalitions­partners ANEL jetzt brauchen, denn sein forscher Protest gegen den von Tsipras ausgehande­lten Kompromiss im Namensstre­it mit der ehemaligen jugoslawis­chen Republik Mazedonien droht nach hinten loszugehen. Statt seine Partei bei den in diesem Jahr anstehende­n Neuwahlen dem aufstreben­den rechten Lager als die »wahren Patrioten« zu präsentier­en, droht der ANEL die Spaltung. Andere Minister und die Mehrheit der Fraktion sind nämlich für den Namenskomp­romiss.

Alexis Tsipras und SYRIZA könnte die Koalitions­krise daher sogar den Rücken stärken. Eine Mehrheit in der Mazedonien­frage scheint dank Unterstütz­ung aus der Mitte-Links-Opposition sicher. Und auch für die anstehende Vertrauens­frage sieht es nicht schlecht aus. Letztlich muss Tsipras diese überstehen, denn bei vorgezogen­en Neuwahlen wäre er wohl chancenlos. Er braucht die regulär verbleiben­den Monate, um die soziale Lage zu verbessern, was viele Wähler einst von ihm erwarteten, die bisher enttäuscht wurden. Letztlich ist dies doch die zentrale Frage für die gebeutelte­n Griechen – und nicht der völlig überflüssi­ge Namensstre­it mit dem Nachbarlan­d, der für so viel nationalis­tisches und quasi-religiöses Pathos sorgt.

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