Tolle Lösung für Toll Collect?
Bund will laut einem Medienbericht die erneute Privatisierung des Mautbetreibers stoppen Nach den Skandalen um den Lkw-Maut-Betreiber will der Bund nun offenbar doch die Geschicke in die eigene Hand nehmen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich nach einem Bericht des Magazins »Der Spiegel« nun doch gegen eine Wiederprivatisierung des LkwMaut-Betreibers Toll Collect entschieden. Der Bund solle Eigentümer des Unternehmens bleiben, schreibt das Blatt unter Berufung auf Angaben aus dem Ressort. Aus dem Ministerium hieß es am Samstag auf dpa-Anfrage, man äußere sich grundsätzlich nicht zu Spekulationen.
Toll Collect gilt Kritikern Öffentlich-Privater Partnerschaften als Paradebeispiel für ein gescheitertes ÖPP-Projekt. Das Konsortium von Daimler, Deutscher Telekom und des französischen Auto- bahnbetreibers Cofiroute hatte im Jahr 2002 den Zuschlag für den Aufbau und den Betrieb eines satellitengestützten Lkw-Maut-Systems auf deutschen Autobahnen für zwölf Jahre bekommen. In dem über 17 000-seitigen Geheimvertrag wurden dem Konsortium jährliche Einnahmen von rund 650 Millionen Euro zugesichert. Technische Probleme sorgten für Verzögerungen um mehrere Jahre und damit zu Einnahmeausfällen für den Staat. Erst seit 1. Januar 2006 läuft das System mit voller Funktionalität. Der Bund klagte auf Entschädigung vor einem Schiedsgericht – nach 13 Jahren einigte man sich Mitte 2018 auf eine Zahlung von 3,2 Milliarden Euro an die Bundesrepublik. Trotz des Streits durfte Toll Collect ab 2012 auch die Ausweitung des Lkw-Maut-Systems auf Bundesstraßen übernehmen.
Nach der zwölfjährigen Laufzeit des ÖPP-Vertrages ging Toll Collect am 1. September 2018 in Bundesbesitz über. Nach den bisherigen Plänen des Verkehrsministeriums sollte binnen sechs Monaten ein neuer privater Betreiber Toll Collect und das Mautsystem übernehmen. Voraussetzung des Verkaufs war laut dem Ministerium, dass dieser für den Bund wirtschaftlich sei. Victor Perli, Linkspartei
Es gab viel Kritik an der neuerlichen Privatisierung. Selbst der Bundesrechnungshof hatte den Nutzen aus Kostengründen angezweifelt. Das Bundesverkehrsministerium müsse vor einem Zuschlag sicherstellen, dass die Kosten einer Realisierung in Eigen- regie »so realistisch wie möglich abgebildet werden«, hieß es in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags.
Die jetzige Meldung über eine Kehrtwende stieß natürlich auf große Zustimmung: »Es ist richtig, das skandalträchtige Privatisierungsabenteuer bei der LkwMaut zu beenden«, erklärte der Haushaltsexperte der Linksfraktion im Bundestag, Victor Perli. Ein Mautbetrieb in öffentlicher Hand bringe zusätzliche Milliardeneinnahmen für den Bund, die in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Schiene fließen sollten.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte, die Entwicklung lasse »hoffen, dass im Verkehrsministerium endlich ein kleines Stück Vernunft einkehrt«. Minister Scheuer müsse »endlich auch den Privatisierungsirrsinn bei anderen Verkehrsprojekten stoppen, der die Steuerzahler teuer zu stehen kommt«.
»Es ist richtig, das Privatisierungsabenteuer zu beenden.«