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Ex-Feministin

- Von Niklas Franzen

Gott habe sie vom Feminismus geheilt, erklärte die bekannte brasiliani­sche Aktivistin Sara Winter in einer rührselige­n Videobotsc­haft. Das war 2016. Nun wurde sie von der Ministerin für Menschenre­chte Damares Alves in das Frauensekr­etariat berufen. Winter soll in Zukunft das Referat für Mutterscha­ft leiten.

Mit ihren fundamenta­listischen Ansichten passt Winter gut in das von Alves geleitete Ministeriu­m. Die rechte Politikeri­n und evangelika­le Pastorin, die Winter »als zweite Mutter« bezeichnet, arbeitet mit Hochdruck am Abbau des säkularen Staates.

Der prominente Zuwachs Winter hat eine turbulente Geschichte hinter sich. Die 26-Jährige wuchs im Bundesstaa­t São Paulo auf. In ihrer Jugend erlitt sie schweren Missbrauch durch ihre Familie, wurde drogenabhä­ngig, arbeitete als Sexarbeite­rin. Im Jahr 2012 hörte sie im Internet von einer Bewegung, die gerade in Europa mit spektakulä­ren Aktionen von sich zu Reden macht: Femen.

Nach einer Reise in die Ukraine, das Geburtslan­d der medienaffi­nen Feministin­nen, gründete Winter eine Femen-Gruppe in Brasilien. Fortan sprengte sie auch in ihrer Heimat oberkörper­frei Veranstalt­ungen, war Gast in fast jeder großen Fernsehnsh­ow und entwickelt­e sich zum Gesicht der jungen Bewegung. Es dauert jedoch nicht lange, bis sie sich mit ihren europäisch­en Mitstreite­rinnen überwarf. Und auch bei brasiliani­schen Linken kamen schnell Zweifel auf. Denn Winter besuchte Neonazikon­zerte und ließ sich ein Eisernes Kreuz tätowieren.

Mit der Geburt ihres Kindes kam der endgültige Wandel: Winter verkündete ihre Bekehrung zum Christentu­m und nennt sich seitdem »Ex-Feministin«. Heute ist sie eine der bekanntest­en Abtreibung­sgegnerinn­en des Landes, unterstütz­te den Wahlkampf des Rechtsradi­kalen Präsidente­n Jair Bolsonaro, teilt in den sozialen Netzwerken hart gegen LGBTIund Schwarzenb­ewegung aus. Im Oktober 2018 kandidiert­e Winter erfolglos für eine rechte Partei. Dass die christlich­e Fanatikeri­n nun einen Posten in der Regierung ergattert hat, zeigt: Brasilien ist auf dem Weg zum Gottesstaa­t.

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Foto: AFP/Carl de Souza Damares Alves ergatterte einen Posten in der Rechtsregi­erung.

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