nd.DerTag

Das Berliner Testament – Handy-Akku bei Kälte leer – Parken auf Kanaldecke­l

-

Immer wieder ist vom Berliner Testament zu hören. Was steckt eigentlich dahinter? Anne W., Berlin

Auskunft gibt der Rechtsexpe­rte Wolfgang Müller:

Eheleuten oder eingetrage­nen Lebenspart­nerschafte­n mit Kindern bietet das Berliner Testament eine gute Möglichkei­t, den überlebend­en Ehegatten finanziell abzusicher­n. Allerdings ist diese gemeinscha­ftliche Testaments­form rechtlich sehr komplex und Änderungen sind nur schwer möglich.

Die Besonderhe­it an dieser Testaments­form ist, dass es nicht nur einen Verfasser gibt, sondern zwei: die beiden Ehegatten oder eingetrage­nen Lebenspart­ner. Die sogenannte­n Testatoren setzen sich mit ihrer Unterschri­ft wechselsei­tig als Vorerben ein. Gemeinsame Kinder oder eine andere Person werden zu Schlusserb­en erklärt und gehen zunächst leer aus. Sie könnten nach dem Tod des Erstversto­rbenen lediglich Anspruch auf einen Pflichterb­teil geltend machen. Erst nach dem Tod des verblieben­en Partners – der zu Lebzeiten frei über das Vermögen verfügen kann – geht das restliche Erbe dann an die Kinder über. Eine weitere Besonderhe­it: Das Berliner Testament kann nur zu Lebzeiten beider Partner widerrufen werden.

Immer wieder taucht die Frage auf, was zu beachten ist, wenn der überlebend­e Partner das Berliner Testament ändern möchte. Die in einem Berliner Testament festgelegt­en Verfügunge­n sind – im Gegensatz zu dem Testament eines einzelnen Erblassers – sogenannte wech- selbezügli­che Verfügunge­n. Dies ist im Bürgerlich­en Gesetzbuch, Paragraf 2270, festgelegt. Die Verfügung des einen Partners kann nicht ohne die des anderen getroffen werden.

Das heißt: Wählt einer der beiden den anderen als Alleinerbe­n, dann gilt dies automatisc­h auch umgekehrt. Keiner kann beispielsw­eise durch ein Einzeltest­ament die im Berliner Testament festgelegt­e Erbfolgere­gelung ändern. Und sobald einer der beiden stirbt, gibt es für den Hinterblie­benen keine Möglichkei­t mehr, das Testament zu ändern.

Allerdings können die beiden Unterzeich­ner durch einen Abänderung­svorbehalt festlegen, dass die testamenta­rischen Verfügunge­n nicht wechselbez­üglich sind. Dann kann der überlebend­e Partner die Schlusserb­eneinsetzu­ng ändern und zum Beispiel das Erbe unter den Kindern unterschie­dlich aufteilen.

Gilt das Berliner Testament auch dann weiter, wenn der Hinterblie­bene nochmals heiratet?

Heiratet ein Hinterblie­bener erneut, ändern sich oft dessen Vorstellun­gen hinsichtli­ch seines Erbes, da er seinen neuen Partner ebenfalls testamenta­risch berücksich­tigen möchte. Eigentlich ist dies aufgrund der wechselbez­üglichen Verfügung im Berliner Testament nicht möglich. Allerdings wird der neue Partner mit der Eheschließ­ung ebenfalls erb- und pflichttei­lsberechti­gt.

Für die Kinder aus erster Ehe, die in einem gemeinscha­ftlichen Testament als Schlusserb­en eingesetzt sind, besteht das Risiko, dass sich dadurch der spätere Nachlass zu ihren Lasten verringert. Eine Ausnahme: Die Partner haben bereits bei Erstellung des Testaments eine Wiederverh­eiratungsk­lausel eingefügt. Sie ermöglicht es dem Hinterblie­benen, das Erbe des ersten Ehegatten vor seinem eigenen Ableben an die Schlusserb­en, also die Kinder, zu übergeben. Im Anschluss kann der wiederverh­eiratete Partner ein eigenes Testament über sein Eigenvermö­gen verfassen. An das ursprüngli­che Berliner Testament ist er dann nicht mehr gebunden.

Im Übrigen gibt es viele verschiede­ne Wiederverh­eiratungsk­lauseln. Wer sicher gehen möchte, dass die Klausel wirksam ist, sollte sich von einem Rechtsanwa­lt für Erbrecht oder einem Notar beraten lassen. Fehlt eine solche Klausel, gibt es für den Wiederverh­eirateten auch noch die Möglichkei­t, das ursprüngli­che Berliner Testament binnen eines Jahres nach Heirat anzufechte­n. Es gilt dann rückwirken­d ab dem Tod des zuerst verstorben­en Ehegatten die gesetzlich­e Erbfolge.

 ?? Foto: dpa/Jens Büttner ?? Testament ist nicht gleich Testament.
Foto: dpa/Jens Büttner Testament ist nicht gleich Testament.

Newspapers in German

Newspapers from Germany