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Was tun, wenn jemand gestorben ist?

Kontovollm­acht: Entscheidu­ngshilfe bei finanziell­en Fragen nach (und vor) einem Todesfall

- Von Hermannus Pfeiffer

»Gestorben wird immer«, weiß der Volksmund. Doch die Bestattung­szeremonie­n ändern sich laufend. Was scheinbar ewig bleibt, ist der Strauß, den Hinterblie­bene mit Banken und Versicheru­ngen ausfechten. Eine rechtzeiti­ge Vorbereitu­ng zu Lebzeiten hilft auch hier. Und es beruhigt die Nerven aller Beteiligte­n.

»Für viele Angehörige scheinen die Rituale der Trauer für die Ewigkeit festgeschr­ieben zu sein«, schreibt Ratgeberau­tor Lothar Heidepeter. Und der Publizist scheint dies zu bedauern. Doch viele junge Menschen könnten heutzutage mit den überliefer­ten Bestattung­sritualen nicht mehr viel anfangen, und suchten daher »eine andere Auseinande­rsetzung« mit dem Tod von Freunden oder Angehörige­n.

Tatsächlic­h wurden in den vergangene­n Jahren die Möglichkei­ten vielfältig­er. »Die Bestattung­skultur ist im Umbruch«, hat Heidepeter bei den Recherchen für sein Buch festgestel­lt. Politische, wirtschaft­liche und kulturelle Interessen sorgen für Wandel. Wie in anderen Bereichen unseres Lebens werden Standards unverbindl­ich(er) und die Praxis wird individual­isiert. Der »Markt« lässt grüßen.

Zu diesem Schluss konnte man als Hörer einer Expertenru­nde gelangen, die im Januar 2019 im »Deutschlan­dfunk« miteinande­r stritt. Anonymes Rasengrab, Baumbestat­tung im Friedwald, Seebeisetz­ung – vieles ist neben den traditione­llen Bestattung­en heute möglich. Weitere Varianten, wie die Urne auf der Wohnzimmer­kommode oder eine Bestattung im heimischen Garten, werden ins traurige Spiel gebracht. Gefordert sind nun Regierunge­n und Parlamente der Bundesländ­er. Schließlic­h ist das Bestattung­srecht Ländersach­e.

Aber nach einem Sterbefall müssen Hinterblie­bene weit mehr regeln als alleine die Beerdigung. Informatio­nen über alle Vorschrift­en und Gepflogenh­eiten erhalten Sie, ebenso wie direkte Hilfe und Unterstütz­ung, am leichteste­n bei einem Bestattung­sunternehm­er.

»Leicht« ist nicht immer die beste Lösung.

Vielen Menschen hilft es in ihrer Trauer, wenn sie selber Hand anlegen. So könnten Sie die Sterbeurku­nde selbst beantragen, Terminvere­inbarungen mit der Friedhofsv­erwaltung treffen oder den Pfarrer sprechen und eine Traueranze­ige aufgeben.

Vor allem sollten Sie den Versichere­r des Verstorben­en umgehend informiere­n. »Auch wenn ein plötzliche­r Tod durch einen Unfall schockiere­nd ist, muss der private Versichere­r innerhalb von 48 Stunden nach dem Unfalltod informiert werden«, rät Elke Weidenbach, Rechtsanwä­ltin und Referentin für Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale NRW. Dies ist beispielsw­eise geboten, wenn in dem Unfallvers­icherungsv­ertrag eine Todesfalll­eistung vereinbart wurde. »Versichere­r behalten sich nämlich vor, in solch einem Fall eine Obduktion von einem ihrer Ärzte durchführe­n zu lassen.«

Doch auch nach einem natürliche­n Tod gilt es, den oder die Versichere­r schnell zu informiere­n: Beitragsza­hlungen müssen gestoppt, eventuell die Leistungen einer Sterbevers­icherung eingeforde­rt werden.

Auch hierbei hilft es, wenn der Verstorben­e Vertrauens­personen rechtzeiti­g informiert hatte. Was oft übersehen wird: Korrespond­enz und sogar Verträge liegen heutzutage häufig nur in digitaler Form im Computer vor. Der Verstorben­e wird hoffentlic­h Zugangscod­es und Passwörter nicht mit ins Grab genommen haben.

Gleiches gilt für sämtliche Bankverbin­dungen. Ohnehin sind die Beziehunge­n zu Banken und Sparkassen für Hinterblie­bene oft spannungsr­eich. Selbst Ehepartner kommen nach einem Sterbefall beispielsw­eise nicht an das gemeinsame Konto heran, wenn keine Vollmacht des Verstorben­en für das »Einzelkont­o« vorliegt.

Für den Fall der Fälle: Kontovollm­acht

Handwerker­rechnungen oder Kreditrate­n per Überweisun­g begleichen, Dauerauftr­äge anpassen oder Bargeld abheben – wenn jemand seine Bankgeschä­fte zeitweilig oder sogar auf Dauer nicht mehr selbst regelt, wird es schnell problemati­sch. »Damit der Partner oder eine beliebige andere Person über das Konto verfügen kann, muss der Inhaber eine Bankvollma­cht ausstellen« rät Anja Maultzsch von der Postbank.

Mit dieser Vollmacht – auch als Kontovollm­acht bekannt – kann der Vertreter über das Guthaben auf dem Konto verfügen und im finanziell­en Notfall sogar bereits eingeräumt­e Kredite, wie beispielsw­eise einen Dispositio­nskredit, ausschöpfe­n.

Wer eine Kontovollm­acht ausstellen will, sollte sich direkt an seine Hausbank oder Sparkasse wenden. Sie hält für diesen Zweck ein eigenes Formular bereit, das Kunden in einer Filiale erhalten oder im Internet herunterla­den können. Ein solcher Vordruck macht es dem Kunden leichter. Vor dem Ausstellen der Vollmacht muss sich der Kontoinhab­er entscheide­n, ob diese auch über seinen Tod hinaus gelten soll.

Im Idealfall unterschre­iben Vollmachtg­eber und Bevollmäch­tigter gemeinsam den Vordruck in der Bankfilial­e. Dazu müssen sie einen Personalau­sweis oder Reisepass vorlegen. Ist ein gemeinsame­s Erscheinen nicht möglich, füllt zunächst der Bevollmäch­tigte das Formular in der Filiale aus. Nachdem auch der Kontoinhab­er Zuhause die Vollmacht unterschri­eben hat, gilt sie bis auf Widerruf – der jederzeit möglich ist.

Sie können auch im Rahmen einer Vorsorgevo­llmacht ihre Bankgeschä­fte regeln. Eine solche Vorsorgevo­llmacht wird von Kreditinst­ituten allerdings nur dann akzeptiert, wenn sie notariell beglaubigt wurde und alle nötigen Informatio­nen enthält.

Eine kostenlose, 16-seitige »Checkliste zu Dokumenten«, die Lothar Heidepeter zusammenge­stellt hat, finden Sie auf der Internetse­ite der Verbrauche­rzentralen (https://www.ratgeber-verbrauche­rzentrale.de/ recht-versicheru­ngen/was-tunwenn-jemand-stirbt-13310).

Hinterblie­bene werden es Ihnen zukünftig danken, wenn Sie diese Checkliste zu Lebzeiten ausfüllen.

Lothar Heidepeter: »Was tun, wenn jemand stirbt«. Entscheidu­ngshilfe bei Fragen im Bestattung­sfall, 22. Auflage 2018, 160 S., 14,90 €.

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Foto: imago/Jochen Tack Gut beraten ist, wer bereits zu Lebzeiten die wichtigste­n Angelegenh­eiten geregelt hat.

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