nd.DerTag

Abschrecku­ng und Blockade

Sebastian Bähr über das Urteil gegen Klaus-Peter Reisch

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Für das Retten von Menschenle­ben zahlt man in der EU einen hohen Preis: 10 000 Euro Strafe soll Klaus-Peter Reisch, Kapitän des Rettungssc­hiffes »Lifeline«, nach einem maltesisch­en Gerichtsur­teil vom Dienstag zahlen. Angeblich wegen einer fehlerhaft­en Registrier­ung. Dass der Vorwurf lächerlich ist, bewies nicht zuletzt die Registrier­ungsurkund­e, die Reisch vor dem Gerichtssa­al allen Interessie­rten zeigte.

Worum es wirklich geht: Sein Schiff hatte im vergangene­n Jahr 234 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt und danach in die relative Sicherheit Europas gebracht. Das ist der maltesisch­en wie auch den anderen EU-Regierunge­n ein Dorn im Auge. Natürlich ist das Urteil politisch motiviert: Andere Seenotrett­er sollen abgeschrec­kt, Aktivisten auf See als Kriminelle gebrandmar­kt, die Hilfsorgan­isation durch das lange Verfahren blockiert werden. Zur Durchsetzu­ng dieser Ziele scheinen EU-Behörden mittlerwei­le alle Tricks legitim. Paradoxerw­eise erkannte das Gericht gleichzeit­ig an, dass das Handeln von Reisch ein humanitäre­r Akt war. Die Erkenntnis blieb jedoch ohne Konsequenz­en.

Malta ist mit seinem Vorgehen ganz auf europäisch­er Linie. In Italien laufen Ermittlung­en gegen die Crew-Mitglieder von Jugend Rettet, in Deutschlan­d hatte jüngst das Verkehrsmi­nisterium das Beobachtun­gsschiff »Mare Liberum« festgesetz­t. Retter gibt es kaum noch auf See, über 300 Menschen ertranken alleine dieses Jahr im Mittelmeer. Kurz vor der EU-Wahl sollte allen klar sein: So kann es nicht mehr weitergehe­n.

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