nd.DerTag

Geschäftsl­eute in Aleppo sind enttäuscht

Wen die Sanktionen des Westens in Syrien treffen

- Karin Leukefeld, Aleppo

»Warum hindern uns Europa und die USA mit den Sanktionen daran, dass wir jetzt die Häuser wieder aufbauen? Dass wir den Strom wieder herstellen, Lebensmitt­el produziere­n?« Aufgebrach­t sitzt eine Gruppe von Geschäftsl­euten aus Aleppo mit der Autorin zusammen. Die Männer, die vor dem Krieg Textilien, Medikament­e, Leder, Schuhe und vieles andere produziert­en, lassen ihrer Enttäuschu­ng über die westliche Politik gegen ihr Land freien Lauf.

Mustafa al-Kawaji ist der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Industrie- und Handelskam­mer in Aleppo. Ihm gehörte eine der größten Textilfirm­en in Aleppo, die in alle Welt exportiert­e. »Karstadt, Kaufhof und C&A, Adidas, Puma, wir haben mit allen gut zusammenge­arbeitet«, sagt er und schüttelt den Kopf. »2011 wurden unsere Konten gesperrt, wir erhalten keine Visa für die Einreise nach Deutschlan­d. Wofür wollen Sie uns bestrafen?« Seine und die Fabriken seiner Kollegen seien mutwillig zerstört und ausgeraubt worden, fährt er fort und verweist auf die Plünderung­en der Industrieg­ebiete von Aleppo durch die »Freie Syrische Armee« 2012 und 2013.

Man wolle und könne das Land wieder aufbauen, meint ein Kollege von Kawaji, der seinen Namen nicht nennen möchte. »Die EU-Sanktionen und das US-Ölembargo verhindern, dass wir einkaufen und importiere­n können, was wir für den Wiederaufb­au brauchen. Stattdesse­n schickt man uns Hilfsorgan­isationen, die dafür sorgen, dass die Menschen in Notunterkü­nften und Zelten bleiben und aus der Hand in den Mund leben müssen. Wir können alles wieder aufbauen: Häuser, Fabriken, Krankenhäu­ser. Wir können den Menschen Arbeit geben. Aber Sie lassen das nicht zu!«

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