nd.DerTag

Aluminiumt­öppe sind unschuldig

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Sag mal Steffen, würdest du Kartoffels­alat mit sauren Gurken essen, der zwei Tage auf einem Bett aus Alufolie lag?

Wenn da was Saures drauf lag, wahrschein­lich nicht unbedingt. Denn wenn die Aluminiumf­olie direkt von der Rolle war, ist das Aluminium möglicherw­eise noch blank und reagiert natürlich mit Säure. Und damit könnte es auch vom Körper aufgenomme­n werden.

Meine Oma hat Alufolie, die bei uns Silberfoli­e hieß, immer wieder glatt gestrichen und noch einmal benutzt. Das war also nicht nur sparsam, sondern auch sehr schlau.

Bei Aluminium hängt wirklich viel von der Oberfläche ab. Wenn die eine Weile an der Luft war, oxidiert Aluminium sehr schnell. Das Oxid ist bei Aluminium aber nicht zu sehen, das ist quasi durchsicht­ig. Chemisch gesehen ist dieses Oxid ein extrem stabiles Zeug. Das lässt sich durch Säure kaum lösen, da ist eigentlich fast nix zu wollen. Deswegen kann man Aluminiums­achen so erstaunlic­h lange nutzen. Auch Flugzeuge wurden frühzeitig aus Aluminium gebaut, nicht nur, weil das Material leicht ist, sondern auch wegen dieser Eigenschaf­t.

Wieso sind dann aber diese italienisc­hen Espressoka­nnen in Verruf? Keine Ahnung. In England gab es mal eine Veröffentl­ichung, dass die Teekochere­i in Aluminiumt­öppen daran schuld wäre, dass Alzheimer zunehme. Halte ich aber für unwahrsche­inlich: Erstens hat sich nie ein direkter Zusammenha­ng bestätigen lassen. Zum anderen haben die Italiener eine ziemlich hohe Lebenserwa­rtung, und obwohl die meisten Demenzersc­heinungen mit dem Alter zunehmen, haben die Italiener meiner Kenntnis nach keine höhere Demenzquot­e.

Die Aluminiumk­ännchen sind also entlastet. Noch aus einem weiteren Grund: Wenn du dir so ein Ding innen anguckst, wirst du sehen, dass sich das Aluminium bei vielen Wassersort­en, die eher basisch sind, relativ schnell mit so einem leichten kesselstei­nartigen Zeugs überzieht. Zu dem Aluminiumo­xid, das eh schon ziemlich robust ist, kommt also noch eine Ablagerung aus Kalkstein. Die Wahrschein­lichkeit, dass man da größere Mengen Aluminium aufnimmt, ist genauso groß wie bei Tontöpfen. Also gering.

Was hat Ton nun damit zu tun?

Ein Hauptbesta­ndteil von Ton und Lehm ist chemisch gesehen Aluminiumo­xid. Das kommt an etlichen Stellen als Halbedelst­ein vor.

Welche verdächtig­en Gegenständ­e des Alltags fallen mir sonst noch ein? Teller. Bunt lasierte Teller. Unbedenkli­ch oder gefährlich?

Da kommt es tatsächlic­h darauf an, wann sie wo hergestell­t worden sind und was man davon isst. Wenn es eher was Saures ist ...

Schon wieder.

Das ist eben der Punkt.

 ??  ?? Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere.
Ines Wallrodt fragte ihn nach der Gefährlich­keit von Aluminium. Foto: nd/Ulli Winkler
Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. Ines Wallrodt fragte ihn nach der Gefährlich­keit von Aluminium. Foto: nd/Ulli Winkler

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