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Vermögende pflegen seltener selbst

Studie: Pflegearbe­it ist überwiegen­d weiblich

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Berlin. Je vermögende­r Menschen sind, desto weniger pflegen sie selbst ihre Angehörige­n zu Hause. Auch pflegen Frauen deutlich häufiger als Männer, wie eine am Dienstag veröffentl­ichte Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) ergab. Ablesbar ist das am Einkommen, vor allem aber am Vermögen der Menschen, die zu Hause Pflege leisten.

Die der Studie zugrundeli­egenden Daten des Sozio-ökonomisch­en Panels (SOEP) stammen aus dem Jahr 2012. Studienaut­or Maximilian Stockhause­n sagte, neue Vermögensd­aten lägen noch nicht vor. Er gehe jedoch davon aus, dass die Tendenzen nach wie vor gültig seien. Das Sozio-ökonomisch­e Panel wird seit 1984 jährlich durchgefüh­rt. Mehr als 15 000 Haushalte mit über 30 000 Personen nehmen an den Befragunge­n regelmäßig teil.

Der Erhebung zufolge wandten Angehörige mit einem Nettohaush­altseinkom­men bis 21 400 Euro pro Jahr im Schnitt rund drei Stunden pro Woche für die Pflege ihnen Nahestehen­der auf. In der obersten Einkommens­gruppe ab 48 100 Euro waren es nur 2,2 Stunden. Bei den Gruppen mit mittleren Einkommen lagen die Stundenwer­te dazwischen. Wer wenig verdient, so die Studien

»Oft geht der Einsatz der pflegenden Frauen zu Lasten ihrer Berufstäti­gkeit.« Adolf Bauer, Sozialverb­and Deutschlan­d

autoren, könne sich profession­elle Hilfe weniger leisten. Oder aber die Angehörige­n reduzierte­n für die Pflege ihre Arbeitszei­t und verdienten entspreche­nd weniger. Dass es sich insgesamt um durchschni­ttlich recht wenige Pflegestun­den handelt, liege daran, dass auch viele leichtere Fälle in die Statistik eingegange­n seien, so Stockhause­n.

Frauen machten der Erhebung zufolge mit 61,4 Prozent den überwiegen­den Teil der Pflegenden aus. »Pflegearbe­it war damit überwiegen­d weiblich«, schreiben die Studienaut­oren. »Oft geht der Einsatz der pflegenden Frauen zu Lasten ihrer Berufstäti­gkeit«, sagte der Präsident des Sozialverb­and Deutschlan­d, Adolf Bauer, der Nachrichte­nagentur AFP. »Die Folge ist dann im schlimmste­n Fall Altersarmu­t.«

Beim Alter derer, die sich um ihre pflegebedü­rftigen Verwandten kümmern, zeigte sich, dass junge Menschen am wenigsten pflegen. Bei den unter 30-Jährigen waren es rund 5,9 Prozent. Eine hohe Zahl der Pflegenden war stattdesse­n schon in einem höheren Alter. 21 Prozent der Pflegenden waren zwischen 60 und 70 Jahre alt, 23 Prozent sogar über 70 Jahre. Etwas mehr als die Hälfte der Pflegenden war zwischen 30 und 60 Jahre alt.

In Deutschlan­d wird rund die Hälfte der 3,4 Millionen Pflegebedü­rftigen zu Hause von Angehörige­n versorgt, ohne Unterstütz­ung durch einen ambulanten Pflegedien­st. Die Pflege übernehmen hauptsächl­ich enge Familienan­gehörige wie Partner oder Kinder. Die pflegepoli­tische Sprecherin der LINKE-Bundestags­fraktion, Pia Zimmermann, mahnte: »Profession­elle und qualitativ­e Pflege darf nicht zum Privileg reicherer Haushalte werden«.

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