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Geld & Versicheru­ng

Immobilien-Leibrente

- Von Hermannus Pfeiffer

Immobilien-Leibrente: die Umkehrhypo­thek

Immobilien »verrenten« lohnt sich. Ihr Haus bleibt ihr Zuhause. Durch eine sogenannte Leibrente erhalten sie von einer Bank oder Sparkasse eine monatliche Zusatzrent­e, und zwar lebenslang und notariell abgesicher­t. Doch in Deutschlan­d kommt das für viele Rentner attraktive Modell nicht recht in Fahrt.

Die »Babyboomer« kommen – in die Jahre. Und da viele in dieser Generation keine Kinder auf die Welt gebracht haben, stellt sich die Frage, was zukünftig mit dem geschätzte­n Eigenheim passieren soll. Selbst da, wo mögliche Erben vorhanden sind, wollen diese oft nicht in das Haus ihrer Kindheit zurückkehr­en. Gleichzeit­ig wollen die meisten älteren Menschen nicht ohne Not ihre eigenen vier Wände verlassen, oft trotz »kleiner« Rente. Was also tun?

Im Frühjahr hatten wir unter dem Titel »Meins – und das für 99 Jahre« (siehe nd-ratgeber vom 6. März 2019) über Erbpacht, auch Erbbaurech­t genannt, berichtet. Es erlaubt einem Häuslebaue­r, ein Eigenheim auf fremden Boden zu errichten. Anstatt das Grundstück zu kaufen, mietet er es vom Eigentümer auf Dauer (»99 Jahre«) und zahlt dafür jährlich eine Pacht. Ähnlich, wenngleich in die andere Richtung, funktionie­rt eine »Umkehrhypo­thek«. Sie wird auch als »Immobilien-Leibrente« bezeichnet.

Umkehrhypo­theken erlauben älteren Eigentümer­n, die selbst genutzte Immobilie in monatliche Auszahlung­en umzuwandel­n. Oder sie erhalten eine hohe Einmalzahl­ung. Gleichzeit­ig behalten sie ein lebenslang­es Nutzungsre­cht (Nießbrauch­srecht nach §1030 BGB). Etwaige Zins- und Tilgungsle­istungen werden erst zu Vertragsen­de, also nach dem Ableben der Immobilien­eigentümer oder deren Umzug in ein Pflegeheim, aus dem Wert der Immobilie beglichen. Bis dahin bleiben die jeweiligen Haushalte wirtschaft­lich Eigentümer und vor allem Bewohner des Eigenheims oder der Eigentumsw­ohnung.

Leibrente vom FC-Hansa-Rostock-Investor

Bis vor Kurzem war dieses Modell in der Bundesrepu­blik nahezu unbekannt. Das hat sich seit einigen Jahren geändert. Mittlerwei­le bieten viele mehr oder weniger seriöse Finanzdien­stleister solch eine »Verrentung« einer Immobilie an. Vor allem in den Lokalzeitu­ngen sind häufig Anzeigen von Firmen wie »Haus plus Rente« oder »Deutsche Leibrente« abgedruckt. Hinter letzterer steht der schillernd­e Investor Rolf Elgeti, der auch am Fußball-Drittligis­ten Hansa Rostock finanziell beteiligt ist.

Doch Rentner, und solche die es noch werden wollen, sind keineswegs auf funkelnde Finanzdien­stleister angewiesen, sondern können auch zur vertrauten Hausbank oder Sparkasse gehen. Diese arbeiten allerdings teilweise mit externen Immobilien­spezialist­en wie »Deutsche Leibrente« zusammen. So oder so: Es zahlt sich für die Betreffend­en aus, wenn sie mehrere Angebote von unterschie­dlichen Anbietern einholen. Ohnehin bieten nicht alle Kreditinst­itute dieses Produkt an.

Umkehrhypo­theken (englisch »Reverse Mortgages«) haben sich in Deutschlan­d anders als in Großbritan­nien oder den Vereinigte­n Staaten bisher nicht wirklich durchgeset­zt. Und auch für die Zukunft sehen Finanzmark­texperten hierzuland­e nur ein geringes Wachstum voraus.

Das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung in Mannheim – hat einmal genauer nachgefrag­t. Die Umfrageerg­ebnisse zeigen nun, dass weniger als 30 Prozent der Befragten von einer sehr starken beziehungs­weise starken Zunahme der Bedeutung von Umkehrhypo­theken als Altersvors­orgeinstru­ment in Deutschlan­d ausgehen, während rund 45 Prozent keinen oder nur einen geringen Bedeutungs­zuwachs erwarten. Für seinen »ZEW-Finanzmark­ttest« befragt das Institut monatlich bis zu 200 Experten*innen von Banken, Versicheru­ngen und Finanzabte­ilungen ausgewählt­er Großuntern­ehmen.

Fehlende Begeisteru­ng

Aus Sicht der Fachleute wird die Nachfrage nach Umkehrhypo­theken vor allem durch »den hohen emotionale­n Wert der Immobilie« gehemmt: 88 Prozent der Befragten sehen dies als starkes bis sehr starkes Hindernis. Den Durchbruch auf Verbrauche­rseite verhindert­en zudem »Verständni­sprobleme« des komplexen Produkts. Dagegen spielen die Kosten von Umkehrhypo­theken – auch die Bank will schließlic­h Gewinn machen – keine entscheide­nde Rolle.

Aber auch die Anbieter scheinen nicht rundum begeistert von dem neuartigen Produkt zu sein. So sei die Abschätzun­g der Lebensdaue­r der Immobilien­eigentümer schwierig und die zukünftige Instandhal­tung der Immobilie eher ungewiss. »Es überrascht daher nicht, dass nur rund zehn Prozent der Unternehme­n, in denen die Teilnehmer unseres Finanzmark­ttests beschäftig­t sind, über die Einführung eines solchen Produkts diskutiere­n«, erläutert Karolin Kirschenma­nn, stellvertr­etende Forschungs­leiterin im ZEW. Hinter den Resultaten der Befragung lasse sich erkennen, dass Verbrauche­r bei Entscheidu­ngen rund um den »Immobilien­verzehr« vor allem von Gefühlen geleitet werden.

Mag sein. Davon sollte man sich allerdings nicht abschrecke­n lassen. Im eigenen Heim wohnen zu bleiben und gleichzeit­ig über mehr Geld zu verfügen, kann ein tolles Geschäft für die Interessen­ten sein.

Wer mehr darüber wissen will, dem ist der Ratgeber »Meine Immobilie verkaufen, verschenke­n oder vererben« zu empfehlen. Er ist für 14,90 Euro in den bundesweit­en Verbrauche­rzentralen und im Buchhandel erhältlich. Der Ratgeber kann auch online unter www.vzhh.de bestellt (zuzüglich Porto und Versand) oder für 11,99 Euro als E-Book im PDFFormat herunterge­laden werden.

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Foto: imago images/INSADCO Das eigene Häuschen als Goldesel?

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