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Dürfen Eltern das Sparbuch des Kindes plündern?

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Viele Eltern legen für ihr Kind Geld beiseite. Doch wem das Ersparte bei einem Streit darum gehört, hängt immer vom Einzelfall ab.

Das geht aus einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs (Az. XII ZB 425/18) hervor, das am 15. August 2019 veröffentl­icht wurde. Demnach kann man nicht automatisc­h davon ausgehen, dass die Eltern über das Guthaben selbst verfügen wollten, nur weil sie das für ihr Kind angelegte Sparbuch bei sich behalten haben.

Der BGH urteilte, dass Eltern das in ihrem Besitz befindlich­e Sparbuch ihres Kindes nicht einfach plündern dürfen. Ist das Sparguthab­en des Kindes etwa vor allem nach Geldgesche­nken von Oma und Opa angewachse­n, könne dies dem elterliche­n Zugriff auf das Geld entgegenst­ehen.

Im konkreten Fall hatten die Eltern für ihre im Oktober 1996 geborene Tochter nach wenigen Monaten ein Sparbuch eingericht­et. Bis zur Volljährig­keit sollten die Eltern über das auf den Namen der Tochter ausgestell­te Sparbuch verfügungs­berechtigt sein.

Als die Eltern sich 2012 trennten, behielt der Vater das Sparbuch der Tochter. Auf das Sparbuch waren diverse Einzahlung­en wie Kindergeld oder andere, von den Eltern geleistete Beträge erfolgt. Als der Vater Geld benötigte, bediente er von dem Sparbuch seiner Tochter und hob 17 300 Euro ab.

Als die Tochter das Sparbuch Anfang 2015 überreicht bekam, betrug das Guthaben nur noch 242 Euro. Daraufhin klagte die inzwischen 22-jährige Tochter, die von ihrem Vater 17 300 Euro haben will.

Das Oberlandes­gericht (OLG) Frankfurt am Main hatte die Klage zunächst abgewiesen und das vor allem damit begründet, dass die Tochter das Sparbuch nie besessen habe. Das greift laut BGH aber zu kurz. Bei anderen Angehörige­n wie den Großeltern ist die Sache klarer: Geben sie ein im Namen des Enkels eröffnetes Sparbuch nicht aus der Hand, wollen sie sich damit nach einem früheren BGH-Urteil den Zugriff vorbehalte­n.

Anders sieht es nach Auffassung der BGH-Richter zwischen Eltern und Kind aus. Zwar sei es nicht unüblich, dass Familien das angesparte Geld auch als Reserve für finanziell­e Engpässe sähen. Es sei aber genauso gut vorstellba­r, dass die Eltern das Sparbuch nur aufbewahre­n, damit es das Kind nicht verliert. Aus dem Besitz allein lasse sich deshalb noch nicht viel ablesen.

Letztlich komme es auf die Umstände des Einzelfall­s an. Haben Eltern das von ihnen eingericht­ete Sparbuch bis zur Volljährig­keit in ihrem Besitz, sei dies ein Indiz dafür, dass sie noch die Verfügungs­gewalt über das Geld ausüben wollen – etwa als Reserve für familiäre finanziell­e Engpässe. Dies gelte auch, wenn das angesparte Vermögen aus Beiträgen von den Eltern stammt.

Allerdings können Eltern auch treuhänder­isch gebunden sein, wenn das Sparguthab­en aus Geldgesche­nken Dritter stammt. In solch einem Fall können Eltern zur Rückzahlun­g des entnommene­n Geldes verpflicht­et sein, so der BGH. Unter welchen Voraussetz­ungen das Geld auf dem Sparbuch der Tochter angespart wurde, soll nun das Oberlandes­gericht Frankfurt am Main noch einmal prüfen.

Das OLG muss sich den Fall deshalb noch einmal genauer anschauen. Dabei könnte dem Vater in die Hände spielen, dass das gesamte Geld auf dem Konto aus dem Vermögen der Eltern stammte. Taschengel­d oder Geldgesche­nke zum Geburtstag wurden beispielsw­eise nie eingezahlt. Für die Tochter könnte sich außerdem negativ auswirken, dass sie das Sparbuch auch nicht bekommen hat, als sie alt genug dafür war.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Ein Familienzw­ist um ein Sparbuch des Kindes landete vor dem Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe.

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