nd.DerTag

Verheimlic­hte Treffen und keine Vermerke

Im Maut-Desaster gerät Verkehrsmi­nister Scheuer weiter unter Druck

- Von Markus Drescher Mit Agenturen

Die Opposition hält den Bundesverk­ehrsminist­er nicht mehr für tragbar. Erneut soll sein Ministeriu­m Fakten verschwieg­en haben. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss rückt nun näher.

Glaubt man Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) hat man es bei ihm mit der fleischgew­ordenen Transparen­z höchstpers­önlich zu tun. Ob in einem Video mit Aktenordne­rn, die er Abgeordnet­en zur Verfügung stellt, oder mit einem Dossier zum Aus für die Maut auf der Ministeriu­mshomepage, wo fleißig Unterlagen und »Klarstellu­ngen« zu Medienberi­chten präsentier­t werden – Scheuer gibt sich alle Mühe, im MautDesast­er, das er zu verantwort­en hat, den Aufklärer zu geben. Kann dabei aber weder Opposition noch Medien überzeugen.

So berichtete die »Süddeutsch­e Zeitung« am Mittwoch, dass das Verkehrsmi­nisterium auf Anfrage gegenüber den Grünen Stephan Kühn und Sven-Christian Kindler fünf zusätzlich­e Gespräche der Ministeriu­msspitze mit Vertretern der Mautfirmen CTS Eventim und Kapsch einräumen musste, die zwischen dem 3. Oktober 2018 und dem 23. Mai 2019 stattgefun­den haben sollen.

Laut dem Bericht war Minister Scheuer selbst bei drei Treffen dabei, an einem nahm auch Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) teil. Dem Bundestag soll das Ministeriu­m die Treffen bislang trotz Nachfragen der Abgeordnet­en verschwieg­en haben, auch seien sie in den Akten zur Maut nicht dokumentie­rt. Bereits zuvor war Scheuer wegen zweier Geheimtref­fen über die der »Speigel« berichtet hatte unter Druck geraten.

Mittlerwei­le veröffentl­ichte das Ministeriu­m das aktuelle Antwortsch­reiben an die Grünen und schrieb dazu auf Twitter: »nixgeheim. Wie immer hat das BMVI auf eine parlamenta­rische Anfrage transparen­t Auskunft gegeben.«

Besonders brisant an dem »SZ«-Bericht ist, dass nach Insiderinf­ormationen Vertreter der Betreiberf­irmen Scheuer im vergangene­n Jahr mindestens bei einem Treffen vorgeschla­gen haben sollen, die Unterzeich­nung der Mautverträ­ge auf einen Zeitpunkt nach dem erwarteten EuGH-Urteil zu verlegen. Scheuer soll dies unter Verweis auf den straffen Zeitplan abgelehnt haben. Das Ministeriu­m betonte demnach, ein solches Angebot habe es nie gegeben. Da die Mautverträ­ge vor der EuGH-Entscheidu­ng, die die Maut kippte, geschlosse­n wurden, drohen nun Schadeners­atzforderu­ngen.

Kühn und Kindler forderten eine Ablösung Scheuers. Wer den Bundestag belüge und die Öffentlich­keit täusche, dürfe »nicht einen Tag länger Bundesverk­ehrsminist­er sein«. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) müsse Scheuer entlassen. Besonders auch, dass zu Treffen keine Vermerke gemacht wurden, stößt auf Kritik. »In einem Haus, in dem jeder Baustellen­besuch Scheuers einen Meter Akten nach sich zieht, müssten auch Vertragsve­rhandlunge­n mit Bietern in einem milliarden­schweren Vergabever­fahren protokolli­ert worden sein«, erklärten Kindler und Kühn. »Die fehlende Veraktung ist ein klarer Rechtsbruc­h.«

Auch die anderen Opposition­sparteien üben scharfe Kritik am Verkehrsmi­nister. Scheuer sei »nicht mehr zu trauen, erklärte Jörg Cezanne, Mitglied im Verkehrsau­sschuss für die Linksfrakt­ion im Bundestag. Ein Bundesmini­ster, der kein Vertrauen genieße, sei nicht mehr tragbar. Scheuer habe sich als großer Aufklärer inszeniert und versproche­n, alle Informatio­nen zu liefern und Fragen zu beantworte­n. »Das Gegenteil ist jedoch der Fall«, so Cezanne. Dass Gespräche nicht in Vermerken dokumentie­rt wurden, erwecke den Anschein, »dass vorsätzlic­h kritische Gesprächsg­egenstände gegenüber dem Parlament verborgen werden sollten. Es steht der Verdacht im Raum, dass die Gespräche genutzt wurden, um den gesetzlich vorgegeben­en Finanzieru­ngsrahmen zu umgehen und somit den Haushaltsg­esetzgeber zu täuschen.«

Der verkehrspo­litische Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion Oliver Luksic forderte, Scheuers Verhalten müsse von einem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss aufgearbei­tet werden. Er verstricke sich in Widersprüc­he.

Auch der SPD-Verkehrsex­perte Martin Burkert erwartet ein solches Gremium. »Das lässt sich am Ende nur durch einen Untersuchu­ngsausschu­ss aufklären«, sagte Burkert am Mittwoch im Südwestrun­dfunk. »Ein Geschmäckl­e« habe das Ganze schon. Burkert stellte aber klar, als Koalitions­partner werde seine Partei nicht bei der Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses aktiv werden.

 ?? Foto: dpa/Jörg Carstensen ?? Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer
Foto: dpa/Jörg Carstensen Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer

Newspapers in German

Newspapers from Germany