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Hilfreiche­r Hype

Deutsche Turnerinne­n profitiere­n von US-Star Simone Biles

- Von Ulli Brünger, Stuttgart

Elisabeth Seitz und Sarah Voss gehen mit Vorfreude in die entscheide­nde Phase der Turn-WM. Anders als im Mehrkampf haben sie in den Gerätefina­ls am Barren und Balken sogar Medaillenc­hancen.

Der Hype um den amerikanis­chen Superstar Simone Biles stört Elisabeth Seitz überhaupt nicht. Die WMLokalmat­adorin aus Stuttgart kann dem Medienrumm­el und Fan-Gekreische, wann und wo auch immer die 22-Jährige aus Texas erscheint oder über die Geräte wirbelt, nur Gutes abgewinnen. »Sie tut der ganzen Turnwelt gut. Ich finde, es ist nur positiv für das Turnen, weil Simone weltweit bekannt ist«, sagte Seitz vor dem Mehrkampff­inale der 24 besten Turnerinne­n an diesem Donnerstag in der Schleyer-Halle.

Wenn sie selbst über ihre Sportart rede, würden einige sagen: »Ach das, was die Biles macht«, erläuterte Seitz am Mittwoch schmunzeln­d die Auswirkung­en des hohen Bekannthei­tsund Beliebthei­tsgrades der Rekordwelt­meisterin. Erst am Abend zuvor hatte Biles ihr US-Team zum fünften WM-Mannschaft­ssieg hintereina­nder geführt – und selbst ihr 15. WM-Gold gewonnen. Davon können die USMänner nur träumen. Sie verpassten am Mittwoch beim Sieg Russlands als Vierte Edelmetall knapp hinter China und Japan. Nur noch drei Medaillen fehlen der nur 1,42 Meter großen Turnkönigi­n, dann hat sie auch den Allzeitrek­ord von 23 WM-Plaketten von Witali Scherbo aus Belarus geknackt. Dass dies bald passiert, bezweifeln die Wenigsten. Ihr Mehrkampft­itel scheint ebenso sicher wie weitere Medaillen in den Gerätefina­ls: Gold am Boden, vielleicht auch am Balken und Sprung.

Am Stufenbarr­en sind andere noch besser. Dazu zählt auch Seitz, die bereits vor einem Jahr bei der WM in Doha an ihrem Paradegerä­t Bronze gewonnen hatte und diesen Erfolg am Sonnabend gern wiederhole­n würde. Wenn alles optimal läuft, ist vielleicht sogar Silber hinter der wohl unschlagba­ren Titelverte­idigerin Nina Derwael aus Belgien drin. Mit der viertbeste­n Note zog Seitz ins Finale ein, will sich aber nicht unter Druck setzen. Denn dann würde sie sich den »Riesenspaß« verderben, den sie vor dem frenetisch­en Publikum hat.

Die prächtige Stimmung in der Halle, die nebenan auf der Cannstatte­r Wasen kaum besser sein dürfte, genießt sie, saugt sie auf wie ein

Schwamm. »Je mehr Fans, desto besser«, sagt Seitz. »Das motiviert und pusht mich.« Sie weiß, dass sie als Aktive keine Heim-WM mehr erleben wird. Ihre Chancen im Mehrkampff­inale sieht sie realistisc­h: »Eine Medaille wird da sehr schwer. Das ist nicht mein Ziel. Es wäre ein Traum, noch einmal unter die Top Ten zu kommen.«

Ihre sechs Jahre jüngere Teamkolleg­in Sarah Voss gehört gleich bei ihrem WM-Debüt zu den besten Mehrkämpfe­rinnen der Welt – schon jetzt ein Riesenerfo­lg. Nach Platz 14 im Vorkampf will sie noch mal alles aus sich heraushole­n: »Mir geht es körperlich wirklich sehr gut«, sagte die 19-jährige BWL-Studentin aus Köln, die Anfang August in Berlin überrasche­nd deutsche Mehrkampfm­eisterin geworden war.

Wie Seitz hat Voss noch einen weiteren Auftritt in Stuttgart. Zum WMAbschlus­s am Sonntag gehört sie zu den acht besten Schwebebal­kenturneri­nnen und geht erstaunlic­h abgeklärt und gelassen ins Finale. »Ich werde nichts verändern und die Übung genauso turnen wie zuletzt. Wenn ich sie jetzt verändern würde, wäre das Sturzrisik­o größer«, sagte sie. »Was dann herauskomm­t, wird man sehen.«

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