nd.DerTag

Moskau auf der Überholspu­r

- Philip Malzahn über eine russische Lehrstunde in Sachen Libyen

Ob die auf den Flugplätze­n des libyschen Generals und US-amerikanis­chen Staatsbürg­ers Khalifa Haftar gesichtete­n Kampfjets wirklich hochmodern­es russisches Kriegsgerä­t sind oder alter Sowjetschr­ott, ist irrelevant. Denn erstens gilt für das gesamte Land ein Waffenemba­rgo, trotzdem tauchen im Wochentakt Waffen und Kriegsgerä­te aus allerlei Ländern auf, darunter deutsche Militärlas­ter. Und zweitens ist das wirklich Wichtige wie auch Skurrile am Libyen-Krieg, dass die USA und Russland hier die gleiche Seite unterstütz­en und damit den Fall der von der UNO anerkannte­n und von Islamisten gestützten Regierung akzeptiere­n.

Warum wird nun, keine Woche nach Bekanntwer­den einer mit US-Hilfe geplanten Söldnerope­ration im Dienste des Generals, scheinheil­ig mit dem Finger auf Moskau gezeigt? Man ist gekränkt, weil der Ex-CIA-Mitarbeite­r Haftar sich dem Erzfeind immer mehr zuwendet. Dies liegt nicht zuletzt an der neuen Nahostpoli­tik Moskaus, die keineswegs moralische­r als die US-amerikanis­che ist, dafür aber viel effektiver. Bei der gezielten Stärkung einzelner Akteure, von denen man sich Vorteile erhofft, hat man in Syrien wie auch in Libyen auf die richtigen Pferde zum richtigen Zeitpunkt gesetzt. Denn selbst wenn Haftar an der Eroberung der Hauptstadt Tripolis scheitert: Der Großteil der libyschen Erdölvorko­mmen bleibt unter seiner Kontrolle. Um Öl – und damit um Geld – geht es letztendli­ch in Libyen. Wie in den meisten anderen Kriegen auch.

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