Gojko verzog kaum eine Miene
Mitić bleibt »der Indianer«. Von Jana Frielinghaus
Kein Zweifel, Gojko Mitić ist einer, dem die Herzen der Frauen zufliegen: Noch immer ein schöner Mann, dazu grundsympathisch. Starrummel bedeutet dem in Jugoslawien aufgewachsenen Schauspieler wenig, und er hat sich sogar immer wieder politisch engagiert. Und natürlich hatte und hat er auch männliche Bewunderer ohne Zahl, schon wegen der für die Verhältnisse der 60er und 70er Jahre rasanten Actionszenen in den DEFA-Western, in denen er die Hauptrolle spielte – und sich nie doubeln ließ, wie es heißt.
Mitić hätte auch im Westen Karriere machen können. Aber Mitte der 60er kam er in die DDR. Die Filme, in denen er mitwirkte, wurden echte Kassenschlager. Und nach der »Wende« hat er Pierre Brice als »Winnetou«-Darsteller der Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg beerbt. 15 Jahre lang ritt er dort durch die Kulissen – auch noch in einem Alter, in dem andere längst Titangelenke haben. Ob der große Sportler und Stuntman auch Schauspieler ist? Egal. Es wird weder ihn noch seine Fans grämen, dass er bis heute auf die Rolle des »Indianers« festgelegt ist (aus historiografischen Gründen erlaube ich mir, diese unangemessene Bezeichnung für Ureinwohner des amerikanischen Kontinents zu nutzen). Am Staatstheater Schwerin hat er 2007 bis 2009 noch mal die Rothaut gegeben: den stummen Häuptling Bromden aus Ken Keseys »Einer flog über das Kuckucksnest«.
In den den Filmen, die ihn berühmt machten, war Mitić eigentlich immer derselbe: der edle, furchtlose und starke Freiheitskämpfer gegen die weißen Invasoren. Da auch in den DDR-Produktionen das Klischee des indianischen Stoizismus reproduziert wurde, war kein Raum für Al-Pacino-mäßiges Method Acting. Es lag also sicher an den Drehbüchern, dass Mitić fast nie eine Miene verzog. Klar, unterdrückter Zorn war schon mal sichtbar oder auch ein herablassendes Lächeln über tollpatschige Yankees. Solch demonstrative Arroganz wiederum war der Grund dafür, dass ich seinerzeit ganz für den von Dean Reed in »Blutsbrüder« verkörperten Weißen eingenommen war: ein harmloser, gutherziger Mann, der erkennt, wie verbrecherisch sich seinesgleichen gegenüber den Ureinwohnern Amerikas verhält und der deshalb die Seiten wechselt.
In der DDR kannte jedes Kind Gojko Mitić, auch in Osteuropa, und sogar in der Mongolei (der Drehstandort des Films »Der Scout« war nahe Ulan-Bator) wurde er verehrt. Wer wie ich vor dem Filmkonsum Romanvorlagen wie »Der letzte Mohikaner« (eine der »Lederstrumpf«-Erzählungen von James Fenimore Cooper) oder auch den Jugendromanzyklus »Die Söhne der großen Bärin« von Liselotte Welskopf-Henrich gelesen hatte, musste allerdings enttäuscht sein. Die WelskopfHenrich-Adaptation wartete nicht nur mit holzschnittartig vereinfachter Story auf, sondern auch mit peinlich-kitschiger, auf Deutsch gesungener Musik. Auch die geschminkten Gesichter der allermeist weißen Darsteller und ihre Perücken störten.
Mit Mitićs mimischer Finesse wiederum, machen wir uns nichts vor, kann es auch Arnold Schwarzenegger aufnehmen. Doch der deutsch-serbische Schauspieler konnte auch im BRD-Fernsehen Fuß fassen. Er wirkte in Krimis, in Serien wie »Forsthaus Falkenau« und »In aller Freundschaft« mit. Und er hat immer mal wieder Ausflüge in die Welt des Schlagers unternommen. Verfügbar auf Youtube zum Mitschunkeln. Kann man sich seine Filme zu seinem 80. an diesem 13. Juni bei einem Glas Rosenthaler Kadarka reinziehen. Glückwunsch!