Zum Sklavenbefreier verklärte Katastrophe: Hermann von Wissmann
Mit dem Tropenhelm als Kopfbedeckung steht es noch heute im Harz: ein zeitgenössisches Denkmal für Hermann von Wissmann (1853–1905). Zur Zeit der Berliner »Afrika-Konferenz« 1884 bereiste er im Auftrag König Leopolds II., eines der brutalsten Kolonialisten Europas, das Kongobecken, um für diesen Bodenschätze und Handelsrouten zu lokalisieren. Nachdem Ostafrika zum »deutschen Protektorat« erklärt worden war, leisteten die Menschen an der Ostküste im heutigen Tansania von 1888 bis 1890 Widerstand. Und Wissmann wurde beauftragt, diesen – von den Kolonialisten »Araberaufstand« genannt – niederzuschlagen.
Seine »Wissmanntruppe«, bestehend aus deutschen Offizieren und afrikanischen Söldnern (Askari), führte den ersten Landkrieg deutscher Truppen auf afrikanischem Boden. Dabei wurde er, so der Historiker Michael Pesek, auch von einem arabischen Sklavenhändler mit Rekruten versorgt. Nach dem Prinzip der »verbrannten Erde« wurden Dörfer geplündert, Vorräte in Brand gesteckt und die gefangenen Menschen zur Arbeit auf den Plantagen der deutschen Siedler gezwungen. Ein Anführer des Widerstands, Bushiri bin Salim, wurde gefangen genommen und nach einem kurzen Prozess zum Tode verurteilt und gehängt. In die deutsche Kolonialliteratur ging der Plantagenbesitzer als Sklavenhändler ein – und Wissmann als Befreier der Sklaven ins öffentliche Gedenken. Für den Historiker Jürgen Zimmerer ist das Kolonialpropaganda. Der Krieg der »Wissmanntruppe« sei als Kampf gegen arabische Sklavenhändler verkauft worden. Dabei sei es vor allem um die Brechung von deren Einfluss und Gewaltmonopol gegangen. Der Aktivist Mnyaka Sururu Mboro von Berlin Postkolonial kennt Wissmann unter dem Namen: »maafa«. Das heißt so viel wie Katastrophe. Bis heute sind ihm deutsche Straßen gewidmet, die Wissmannstraße in BerlinNeukölln soll demnächst umbenannt werden.