nd.DerTag

Die Rebellion ist vorbei

Wenige Teilnehmer bei Corona-Demonstrat­ionen

- Von Sebastian Weiermann

Es war noch eine der größeren Demonstrat­ionen der selbst ernannten »Corona-Rebellen«, die am Samstag auf dem Düsseldorf­er Burgplatz stattgefun­den hat. Etwa 400 Menschen waren gekommen, lauschten einem rappenden Reichsbürg­er, einer Schlagersä­ngerin und verschiede­nen Redebeiträ­gen. Ein »Patriot« erklärte, »rechts sein« komme von »Recht haben«. Jemand anders erläuterte, Corona sei dort besonders ausgebreit­et, wo es viele Masten der neuen Mobilfunkt­echnik 5G gibt. Zwischen diesen oftmals wirren Reden berauschte sich die Menge an sich selbst. »Widerstand, Widerstand« oder »Freiheit« wurde gerufen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel solle »weg«.

Beim anschließe­nden Spaziergan­g sangen die »Corona-Rebellen« dann vor allem die Wendesongs »Freiheit« von Marius Müller-Westernhag­en und »Looking for Freedom« von David Hasselhoff. Antifaschi­sten, die am Rand des Spaziergan­gs protestier­ten, wurden mit der Neonazi-Parole »Dumm, dümmer Antifa« begrüßt.

Apropos Neonazis: In ihrer organisier­ten Variante fehlten diese beim Protest in Düsseldorf quasi komplett. Dabei war die Gruppe »Bruderscha­ft Deutschlan­d« in den vergangene­n Wochen fast immer dabei, wenn in der nordrhein-westfälisc­hen Landeshaup­tstadt

Jemand erläuterte, Corona sei dort ausgebreit­et, wo es viele Masten der 5G-Technik gibt.

demonstrie­rt wurde. Allerdings haben organisier­te Neonazis oftmals ein gutes Gespür dafür, wie lange sich eine Beteilung an der Bewegung lohnt. Das war zum Beispiel beim deutschen Ableger der »Gelbwesten« schon so oder bei den »Pegida«Ablegern außerhalb Dresdens. Ging die Dynamik der Bewegungen verloren, blieben auch die Neonazis weg.

Wie wenig Bewegung noch in den »Corona-Rebellen« steckt, zeigt ein Blick auf das bundesweit­e Demonstrat­ionsgesche­hen vom Wochenende. In Berlin waren es weniger als 500 Menschen. Auch in Hannover gingen nur etwa 150 Teilnehmer auf die Straße. Stuttgart, wo die größten »Hygiene-Demonstrat­ionen mit mit mehreren Tausend Menschen stattgefun­den hatten, fiel am Samstag komplett aus.

Der Mobilisier­ungsrückga­ng bei den »Corona-Rebellen« hat verschiede­ne Gründe. Einerseits gibt es internen Streit. Bei der Partei »Widerstand 2020« etwa sind mehrere Funktionst­räger zurückgetr­eten. Über Youtube, Messengerd­ienste und Soziale Netzwerke ziehen die Protagonis­ten gegenseiti­g übereinand­er her. Bei anderen Gruppen sind es wiederum eher persönlich­e Eitelkeite­n, die zu Streit und Spaltungen geführt haben.

Der wichtigere Grund für den Rückgang der Proteste sind jedoch die Lockerunge­n der Corona-Schutzmaßn­ahmen. Da hilft es auch nicht, dass die »Argumente« der »Corona-Rebellen« immer schriller und abwegiger werden. Die Journalist­in Veronika Kracher berichtete etwa davon, dass ein Kundgebung­steilnehme­r ihr gegenüber den Mund-Nasen-Schutz als »politische Vergewalti­gung« bezeichnet hatte.

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