Die Wut herrscht von Paris bis Taiwan
Weltweit protestierten am Wochenende Zehntausende gegen Rassismus und Polizeigewalt
Angefacht durch den Tod des USAmerikaners George Floyd durch einen Polizisten gab es am Wochenende erneut weltweiten Protest. In London lieferten sich Rechte Straßenschlachten mit der Polizei.
Erneut haben am Wochenende weltweit Menschen gegen Rassismus demonstriert. Auslöser der seit drei Wochen anhaltenden Proteste war die Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz am 25. Mai. In London kam es am Samstag bei einer Gegendemonstration rechter Gruppen zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei, mehr als 100 Menschen wurden festgenommen. Auch in Frankreich, Australien und der Schweiz gingen Tausende gegen rassistische Diskriminierung auf die Straße.
Im Zentrum Londons hatten sich zahlreiche Menschen zum Protest gegen eine antirassistische Kundgebung versammelt. Tausende missachteten die wegen der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen rund um den Parliament Square. Auf Fernsehbildern waren gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei zu sehen; einige Demonstranten gingen auf die Beamten los, warfen Flaschen, Dosen und Rauchbomben und skandierten »England«. Mehr als 100 Menschen seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit.
Premierminister Boris Johnson verurteilte die Gewalt und sprach von »rassistischem, rücksichtslosem Vorgehen«, das »keinen Platz auf unseren Straßen« habe. Die Täter müssten mit der »vollen Härte des Gesetzes rechnen«. Auch Innenministerin Priti Patel betonte, Gewalt gegen die Polizei werde nicht toleriert. Überdies bleibe das Coronavirus eine »Gefahr für uns alle«, die Demonstranten sollten »nach Hause gehen«.
Londons Bürgermeister Sadiq Khan twitterte, es sei klar, dass rechtsextreme Gruppen für die Gewalt
verantwortlich seien. Er rief dazu auf, sich von den Demonstrationen fernzuhalten.
Obwohl der ursprünglich für Samstag geplante Protest der Black-LivesMatter-Bewegung in London bereits am Freitag stattgefunden hatte, um Auseinandersetzungen mit rechtsextremen Gruppen zu vermeiden, versammelten sich am Samstag mehrere hundert Rechtsextreme im Hyde Park, um anschließend zum Parlament zu ziehen. Die Demonstranten versammelten sich in der Nähe des Parlaments rund um Statuen, um diese vor möglichen Angriffen zu »schützen«. Mehrere Londoner Denkmäler waren vorsorglich verpackt, darunter eine Statue des früheren Premierministers Winston Churchill, auf die jemand zuletzt das Wort »Rassist« geschrieben hatte. Zuvor waren andere Statuen bereits zur Zielscheibe geworden.
In Frankreich gab es am Samstag in allen größeren Städten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. In
Paris folgten mehrere tausend Demonstranten einem Aufruf zum Protest gegen den Tod des jungen Schwarzen Adama Traoré im Polizeigewahrsam 2016. Seine Schwester Assa Traoré verlangte erneut eine Untersuchung des Falles. Auch in Lyon gingen nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen auf die Straße.
Sowohl in Paris als auch in Lyon kam es ebenfalls zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten. In beiden Städten setzte die Polizei Tränengas ein. Weitere Kundgebungen wurden am Samstag unter anderem aus Marseille, Montpellier und Bordeaux gemeldet.
Proteste gab es am Samstag zudem erneut in Australien. Trotz Warnungen wegen der Corona-Pandemie versammelten sich landesweit tausende Menschen zu Protesten gegen Rassismus. Auch Australien kämpft mit einer von ethnischer Ungleichheit geprägten Vergangenheit durch die Unterdrückung der Aborigines.
Mehrheitlich in schwarz gekleidete Demonstranten protestierten auch in mehreren Schweizer Städten gegen Rassismus. Allein in Zürich beteiligten sich nach Polizeiangaben mehr als 10 000 Menschen an der Demonstration.
Auch in Taiwans Hauptstadt Taipeh versammelten sich hunderte Menschen zum Gedenken an Floyd und anderer Opfer von Polizeigewalt in den USA. Kniend legten sie mehr als acht Schweigeminuten ein, um an den Todeskampf des Afroamerikaners zu erinnern. In Tokio protestierten Dutzende Menschen trotz Regens gegen rassistische Diskriminierung. Der Tod von George Floyd am 25. Mai hatte weltweit Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst. Floyd war in Minneapolis bei einem brutalen Polizeieinsatz ums Leben gekommen, als ein weißer Polizist ihm minutenlang das Knie auf den Nacken drückte, obwohl er wiederholt sagte, er bekomme keine Luft mehr.