AfD veröffentlicht Hassvideo gegen Linke-Politiker
Die Abgeordnetenhausfraktion der rechten Partei macht mit falschen Aussagen Stimmung gegen Hakan Tas
»Die AfD kann hetzen wie sie will – ich bin abgehärtet und lasse mich von meinem Weg nicht abbringen«, sagt Hakan Taş. Der Abgeordnete der Berliner Linksfraktion ist Ziel eines Hassvideos der Rechten. »Die AfD spielt ein perfides Spiel und stellt mich vor ihrer blutrünstigen Anhängerschaft als Zielscheibe dar«, sagt Hakan Taş, Mitglied der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus zu »nd«. Anlass ist ein am späten Donnerstagabend auf der Facebookseite der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus veröffentlichtes Video.
Unter dem Titel »Das ist Hakan« versucht die AfD, den Ruf des Politikers und von Rot-Rot-Grün zu demontieren. »Stadtbekannt als LinkenPolitiker und betrunkener Unfallfahrer mit anschließender Fahrerflucht«, heißt es dort. »Den Führerschein durfte er trotzdem behalten. Trotz einem Promille Alkohol im Blut und einer Verfolgungsjagd mit Polizisten blieb die Sufffahrt folgenlos. So läuft das im rot-rot-grün regierten Berlin«, wird behauptet, dazu gibt es Bilder von drastischen Unfällen und Kolonnen von Polizeifahrzeugen im Einsatz.
»Es werden Zusammenhänge verkehrt und Unwahrheiten verbreitet«, sagt Taş. »Ich habe für meinen großen Fehler gebüßt, mich entschuldigt, alle Kosten und die Strafen bezahlt und meinen Führerschein länger als ein Jahr abgegeben«, erklärt er.
Selbst der mit dem Post verlinkte Beitrag im »Tagesspiegel« über die Fahrt im Dezember 2018 und die Konsequenzen für den Politiker decken sich nicht mit den in dem AfD-Video verbreiteten Behauptungen, das inzwischen fast 2000 Mal geteilt wurde. Allein für Strafbefehl und Schadensersatz für eine touchierte Laterne – das war der ganze Unfall – sind um die 10 000 Euro zusammengekommen. Anwaltskosten nicht mitgerechnet. Zudem hat Taş seinen Sitz im Innenausschuss und den Sprecherposten für Inneres der Fraktion aufgegeben. Auch aus Fraktionsvorstand und Parlamentspräsidium zog er sich zurück.
Auf Kommentare auf der Facebookseite, die sachliche Fehler in dem Video monieren, antwortet die AfDFraktion schlicht mit der Gegenfrage: »Faktenallergie?« Auf nd-Anfrage beharrt Fraktionspressesprecher Thorsten Elsholtz auf der Darstellung.
»Gesetze und Freiheitsrechte kommen bei Taş nur dann zur Anwendung, wenn sie ihm nutzen. Demonstrieren aber nichtlinke Bürger für Freiheits- und Frauenrechte, stört das Hakan. Gemeinsam mit anderen Spitzenpolitikern der linken Altparteien hat er sogar aktiv versucht, eine angemeldete und genehmigte Demonstration zu blockieren«, heißt es im zweiten Teil des AfD-Videos. Gemeint ist die Blockade des rechten »Frauenmarsches« durch Kreuzberg im Februar 2018. Weitere Politiker der Linken und Grünen hatten sich daran beteiligt.
Taş sei »Mehrfachtäter«, heißt es im Film. Das habe sich »die Rechtstaatspartei AfD nicht bieten lassen«, Fraktionsgeschäftsführer, Frank-Christian Hansel habe Anzeige erstattet. Offenbar hat die angebliche Rechtstaatspartei keine Ahnung, wie der Rechtstaat funktioniert. So wird behauptet, Taş sei von der Staatsanwaltschaft verurteilt worden. Allerdings kann nur ein Gericht, wie in diesem Fall erfolgt, einen Strafbefehl erlassen.
»Was die Sitzblockade betrifft, würde ich das jederzeit wieder tun. Wenn Rassisten versuchen, Frauenrechte für ihre niederen Zwecke zu missbrauchen, dann stelle ich mich dem hingebungsvoll in den Weg«, erklärt Taş.
»Es ist schon ein sehr seltener Vorgang, dass ein Politiker dermaßen als Freiwild dargestellt wird«, sagt der
Linke-Politiker. »Mir fällt es schwer, nicht daran zu glauben, dass dieses aufschäumende Verhalten der AfD nichts mit meiner Migrationsgeschichte zu tun hat.« Auffällig ist auch der zeitliche Zusammenhang der Veröffentlichung des Videos mit dem Einschreiten von Hakan Taş bei einem laut Augenzeugenberichten rassistischen Vorfall in einer Berliner Rossmann-Filiale (»nd« berichtete).
Bundesweit sei die Hetze auch auf NPD-Seiten geteilt worden, berichtet Taş. »Die Anfeindungen haben bereits jetzt enorm zugenommen.« Das sei letztlich auch das Kalkül der AfD. »Ihre Anhänger sollen mich anschreiben, anfeinden und bedrohen, damit ich eingeschüchtert werde«, ist er überzeugt. Diese Strategie werde aber nicht aufgehen. »Die AfD kann hetzen, wie sie will – ich bin abgehärtet und lasse mich von meinem Weg nicht abbringen«, sagt er.
Für das Video könnten auch AfDFraktionsgelder veruntreut worden sein. Schließlich ist ein Zusammenhang mit der Fraktionsarbeit der Rechtsaußen-Partei sehr zweifelhaft.
Der angeblich gemäßigte Berliner AfD-Fraktionschef Georg Pazderski verunglimpft auf Facebook schon seit Wochen Personen, die die AfD als Feinde auserkoren hat. Darunter die Linke-Fraktionschefin Anne Helm, die neue Verfassungsrichterin in Mecklenburg-Vorpommern, Barbara Borchardt (Linke), Umweltaktivistin Greta Thunberg und die Grünen-Politikerin Aminata Touré, Vizepräsidentin
des Schleswig-Holsteiner Landtags. Sexistische und menschenverachtende User-Kommentare werden nicht entfernt. Darunter auch Forderungen wie »Eliminieren!«