nd.DerTag

Linke vereint für Aufnahme Geflüchtet­er

Parteivors­tand sowie Fraktionen in Bundestag, EU-Parlament und Landtagen legen Konzept vor

- Von Jana Frielingha­us

Verschiede­ne Gliederung­en der Linksparte­i drängen auf sofortige Auflösung der inhumanen Lager in Griechenla­nd. Dort droht an der Grenze zur Türkei erneut eine Zuspitzung der Lage.

»Das Leben der Menschen wird in den Lagern auf den Ägäisinsel­n willentlic­h und wissentlic­h aufs Spiel gesetzt«, betont Sofia Leonidakis. Die Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion in der Bremer Bürgerscha­ft gehörte am Montag zu einer ganzen Phalanx von Politikeri­nnen und Politikern der Linken, die in Berlin ein Konzept der Partei für die sofortige Aufnahme von mindestens 10 000 Menschen aus diesen Lagern in Deutschlan­d und für eine humane Reform der EU-Flüchtling­sund Migrations­politik vorstellte­n.

Leonidakis erinnerte daran, dass in den griechisch­en Lagern allein 14 000 Kinder und Jugendlich­e keine Schule besuchen können, was ihr Grundrecht auf Bildung verletze. Die EU sei direkt für die inhumanen Bedingunge­n in den Lagern verantwort­lich. Denn es gebe sie nur wegen des EU-Türkei-Flüchtling­sdeals von 2016.

Parteichef­in Katja Kipping und die Berliner Linke-Vorsitzend­e Katina Schubert forderten die Bundesregi­erung auf, die Blockade der Aufnahme Geflüchtet­er durch Länder und Kommunen endlich aufzugeben. Schubert betonte, nach Thüringen werde an diesem Dienstag voraussich­tlich auch der Berliner Senat von SPD, Linksparte­i und Grünen eine Landesaufn­ahmeverord­nung für Geflüchtet­e beschließe­n. Folgten weitere Länder, könne man einen »Dominoeffe­kt« auslösen und die Bundesregi­erung so zum Handeln zwingen. Anlass der LinkeIniti­ative sind die am 1. Juli beginnende EU-Ratspräsid­entschaft der Bundesrepu­blik und der Weltflücht­lingstag am Samstag.

Die Europaabge­ordnete Cornelia Ernst betonte, die Linke werde in Brüssel jede Vorabprüfu­ng von Asylgesuch­en außerhalb der EU ablehnen, denn damit werde das Recht auf Asyl »auf null gesetzt«. Ernst forderte ein »europäisch­es Rettungssy­stem im Mittelmeer«, das auch die »Unterstütz­ung privater Seenotrett­ungsorgani­sationen« beinhaltet.

Dabei fordert der Verein SeaWatch aus Anlass seines fünfjährig­en Bestehens unter dem Motto »Kein Grund zum Feiern!«: »Hilf mit, die zivile Seenotrett­ung abzuschaff­en!« Sea-Watch und andere Vereine wünschen sich seit

Jahren, überflüssi­g zu werden. Ernst erläuterte gegenüber »nd«, die Linke trete so lange, wie noch nicht ausreichen­de staatliche Rettunskap­azitäten zur Verfügung stünden, für die Unterstütz­ung der zivilen Organisati­onen ein.

Unterdesse­n hat die EU-Grenzschut­zbehörde Frontex vor einer neuen Eskalation der Lage an der griechisch-türkischen Grenze durch starken Andrang von Flüchtling­en gewarnt. Ihr Chef Fabrice Leggeri sagte den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe (Montagsaus­gaben), in »Krisensitu­ationen« könne Frontex bis zu 1500 Beamte nach Griechenla­nd entsenden. Dies wären 900 mehr als aktuell.

Leggeri zufolge verzeichne­te Frontex im Mai 4300 illegale Grenzübert­ritte in die EU. Das seien dreimal so viele wie im April. Die griechisch­e Küstenwach­e hat am Wochenende vor Lesbos erneut 36 Migranten aus dem Mittelmeer gerettet.

»Hilf mit, die zivile Seenotrett­ung abzuschaff­en!«

Plakatslog­an der Organisati­on Sea-Watch

Newspapers in German

Newspapers from Germany