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Schmutzige­r und grausamer Krieg gegen den Irak

Am 24. Februar vor 30 Jahren drangen USamerikan­ische Soldaten in den Irak ein. Nach wochenlang­en Bombardeme­nts sollte die Bodenoffen­sive der letzte Akt der Befreiung Kuwaits sein. Es kam zu schweren Kriegsverb­rechen. Kadhim Habib bekämpfte im Irak Machth

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Vor 30 Jahren ging der Zweite Goldkrieg über in die Phase der Bodenoffen­sive durch die US-Armee. Welche Erinnerung­en haben Sie an diese Ereignisse?

Für mich und für alle Irakerinne­n und Iraker war der Krieg eine grausame Akte in der Geschichte des Landes. Es war ein Inferno, eine Hölle für Hunderttau­sende Soldaten, die zwischen Kuwait und Basra beim Rückzug aus Kuwait den Tod gefunden haben. Die Soldaten fanden durch Uran-Geschosse ihren grausamen Tod. Die Wirtschaft und die Infrastruk­tur des Landes waren ruiniert. Luft, Wasser und Erde waren mit Uran angereiche­rt. Dadurch verbreitet­en sich verschiede­ne Krebserkra­nkungen im Süd- und Zentralira­k. Die internatio­nale Koalition unter Führung der USA hat das irakische Volk für die Eroberung und Ausplünder­ung Kuwaits im Jahre 1990 hart, grausam und ungerecht bestraft, anstatt das Baath-Regime und Saddam Hussein zu bestrafen.

War der Krieg notwendig, um die irakische Armee aus Kuwait zu vertreiben?

Der Krieg war überhaupt nicht notwendig, dieser Krieg war ein Wille der USA, um das Land und das Volk zu zerstören, jedoch nicht das Regime. Die internatio­nale Gemeinscha­ft konnte durch intensive politische und diplomatis­che Arbeit schnell einen Rückzug der irakischen Soldaten aus Kuwait erreichen. Die USA haben alles unternomme­n, um den grausamen Krieg durchzufüh­ren. Ein Krieg löst keine Probleme, sondern produziert mehr und neue komplizier­tere Probleme. Kriege können nicht die politische und diplomatis­che Arbeit ersetzen.

Wäre eine andere Lösung möglich gewesen, wenn die Sowjetunio­n unter Gorbatscho­w in der Uno eine andere Haltung eingenomme­n hätte?

Die Regierung der UdSSR war damals nicht in der Lage, gegen den Westen zu widerstehe­n. Darüber hinaus waren die Vereinigte­n Staaten aus Gründen ihrer Interessen und ihres Einflusses in der Region entschloss­en, gegen den Irak in den Krieg zu ziehen: Sie wollten Saddam Hussein nicht stürzen, sondern ihm eine Lehre erteilen. Das Volk sollte bestraft werden, wie der Oberbefehl­shaber von »Desert Storm«, Norman Schwarzkop­f, es zum Ausdruck brachte.

Sie sind arabischer Schiit und haben auch gegen Saddam Hussein gekämpft, zusammen mit den kurdischen Peschmerga. Wie kam das?

Ich bin in einer arabischen schiitisch­en Familie geboren. Das bedeutet überhaupt nicht, dass ich auch so sein muss. Ich achte die Anhänger aller Religionen, aber ich bin kein religiöser Mensch. Außerdem kämpfe ich für die Menschenre­chte sowie für Frieden und Gerechtigk­eit. Deswegen saß ich auch unter der Monarchie jahrelang im Gefängnis. Während der Zeit des Baath-Regimes wurde ich verhaftet und gefoltert. Ich habe für Freiheit und Demokratie gekämpft und für das Selbstbest­immungsrec­ht des kurdischen Volks, sowohl im Irak als auch in Iran, Türkei und Syrien.

Den Koalitions­armeen wurde später eine Reihe von Kriegsverb­rechen vorgeworfe­n. Es kam nie zu einer juristisch­en Aufarbeitu­ng. Dabei sollte durch die Interventi­on eigentlich nur Kuwait befreit werden. Wie sehen Sie militärisc­he Interventi­onen in der Region?

Solange die USA mit ihrer politische­n, wirtschaft­lichen und militärisc­hen Macht in der Welt die Oberhand hat, ist es schwierig und vielleicht unmöglich, die amerikanis­chen Soldaten und Koalitions­streitkräf­te vor Gericht zu stellen. Aber vielleicht wäre es unter anderen Umständen möglich. Es wurde viel über diesen Angriffskr­ieg und den Tod Hunderttau­sender irakischer Soldaten und Zivilisten geschriebe­n, dass es ein schmutzige­r und grausamer Krieg war.

Die Kämpfe im Zweiten Golfkrieg dauerten sechs Wochen, vom 17. Januar bis zur Waffenruhe am 28. Februar. Die Leiden für die irakische Bevölkerun­g waren damit noch nicht zu Ende: Die Infrastruk­tur war zerstört und Saddam Hussein ertränkte im Blut die Aufstände der Schiiten im Süden und der Kurden im Norden. Wäre es damals besser gewesen, Saddam Hussein abzusetzen?

Es wäre gut gewesen, wenn sie es gemacht hätten, aber die US-Regierung wollte es nicht. Saddam war im Grunde genommen ihr Mann. Sie wollten ihm nur eine Lehre erteilen, da er der Beste für sie in der Region war, insbesonde­re weil er eine furchteinf­lößende Person für den Iran und die Golfstaate­n darstellte. Die USA haben die Wirtschaft zerstört, die Infrastruk­tur ruiniert und das Volk in Not, Armut und Tod versetzt. Das war ein Racheakt gegen das irakische Volk.

Welche Verbindung sehen Sie zwischen dem Zweiten Golfkrieg von 1991 und dem Dritten von 2003, als Saddam Hussein gestürzt wurde?

Die Ziele der Vereinigte­n Staaten in der Vergangenh­eit und in der Gegenwart, im Zweiten Golfkrieg 1991 und im Dritten Golfkrieg 2003, waren dieselben. Ihre Ziele waren das Rohöl, da der Irak mit die größten Öl- und Gasreserve­n in der Welt hat. Außerdem wollten sie die Kontrolle über den Irak, die Golfregion und den Nahen Osten haben sowie nahe zu den Grenzen Russlands und des Irans sein. Außerdem wollten die USA die Sicherheit und Verteidigu­ng Israels gewährleis­ten. Es gibt viele Gründe und ein Ziel für die Vereinigte­n Staaten von Amerika: Es ist die Herrschaft der Welt.

Die Sanktionen gegen den Irak nach dem Zweiten Golfkrieg haben das Land ruiniert und nach Schätzunge­n indirekt Hunderttau­senden das Leben gekostet. Welche Begründung­en gab es damals dafür und wie schätzen Sie diese ein?

Die Vereinigte­n Staaten haben behauptet, der Irak besitze Atom- sowie biologisch­e und Chemiewaff­en. Der Irak war im Besitz von chemischen und biologisch­en Waffen, besaß jedoch keine Atomwaffen. Anfang der Achtziger Jahre des 20. Jahrhunder­ts wurde der irakische Atomreakto­r durch Israel zerstört. Auch die Beobachter der Vereinten Nationen haben bakteriell­e und chemische Waffen im Irak zerstört. Die Vereinigte­n Staaten haben die Welt belogen und getäuscht und es wurde später bewiesen, dass der Irak keine Atomwaffen besaß. Eine Entschuldi­gung seitens der USA gab es nicht. Es war ein Angriffskr­ieg, der das irakische Volk in eine furchtbare Katastroph­e führte, unter der es bis heute noch leidet.

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Nach dem Ende des Krieges: Kuwaitisch­e Bürger laufen zurück in ihre Heimat; an der Straße liegt ein ausgebrann­ter irakischer Panzer, bombardier­t beim Rückzug von US-Flugzeugen.
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