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Wegen der extrem gestiegene­n Strompreis­e kalkuliere­n viele Anbieter ihre Tarife neu

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Selbst große Preisporta­le, die kostenbewu­sste und wechselwil­lige Kund*innen gern als Klientel anlocken, wirken bei Stromtarif­en derzeit wie leer gefegt. Wer einen Vertrag mit einem Grundverso­rger hat, sollte erst mal dort bleiben. 62 Prozent der Haushalte, die Ende Oktober 2021 laut dem Monitoring­bericht der Bundesnetz­agentur ihren Strom – wenn auch in verschiede­nen Tarifen – noch immer vom Grundverso­rger bezogen, im Moment glücklich schätzen.

Check 24 selbst gibt derzeit den Stromkund*innen einen Rat, der ziemlich genau das Gegenteil der jahrelange­n Geschäftsp­olitik

darstellt: Aufgrund der langfristi­gen Beschaffun­gsstrategi­e könne ein aktueller Grundverso­rgungstari­f für Strom »vorübergeh­end attraktive Konditione­n« bieten, ist auf der Webseite zu lesen.

Beim Portal Finanztip, das einen eigenen Stromrechn­er auf Basis der Daten von Check 24 und des Konkurrent­en Verivox anbietet, ist sogar jetzt noch das alte Verspreche­n

zu lesen: Wer den Stromanbie­ter wechselt, könne in vielen Fällen sparen. Die Verbrauche­rzentrale NRW sieht hingegen den Grundverso­rgungstari­f vorübergeh­end als eine Option, erklärt Energiemar­ktreferent­in Christina Wallraf. »Wer noch einen Bestandsku­ndenvertra­g hat, sowohl bei Strom als auch bei Gas, spart derzeit wenig oder gar nichts durch einen Anbieterwe­chsel«, sagt sie.

Zwar sollten Haushalte, denen eine deutliche Preiserhöh­ung angekündig­t wurde, alternativ­e Angebote einholen. Die Suche nach einem neuen Tarif gestalte sich aber in der Regel schwierig. Wallraf: »Das Angebot auf den Vergleichs­portalen ist in der Tat deutlich kleiner als üblicherwe­ise.« Neukundent­arife würden derzeit kaum offeriert. Die Expertin geht allerdings davon aus, dass die jetzige Situation nicht von Dauer ist, weshalb sie eine staatliche Preisregul­ierung ablehne.

Politische­s Handeln sei dennoch gefragt, das sieht auch der Verbrauche­rzentraleB­undesverba­nd (VZBV) so. Dessen Vorsitzend­er Klaus Müller forderte am Montag gegenüber der »Passauer Neuen Presse« wegen der stark gestiegene­n Energiekos­ten »ErsteHilfe-Sofortmaßn­ahmen« wie einen Heizkosten­zuschuss für ärmere Haushalte. Außerdem seien »grundsätzl­iche Entscheidu­ngen nötig, um die Preiskrise der fossilen Energien zu lösen«, sagte Müller. Er forderte die Politik direkt auf, die Energiever­sorger »zum Rapport« zu bestellen und Auskunft zu verlangen, wie es bei einigen zur Unterfinan­zierung und bei anderen zur Verdopplun­g und Verdreifac­hung von Preisen kommen könne. »Zudem müssen einige Energieanb­ieter bezüglich ihres Geschäftsg­ebarens zur Ordnung gerufen« und eine Lösung dafür gefunden werden, dass weder wechselwil­lige Verbrauche­r*innen bestraft noch Haushalte mit geringem Einkommen in den Grundtarif­en über Gebühr belastet werden.

Zu den grundsätzl­ichen Entscheidu­ngen, die Preiskrise bei den fossilen Energien zu lösen, zählt der VZBV-Chef die Streichung der EEG-Umlage sowie »Tempo beim Ausbau der Stromnetze und der erneuerbar­en Energien, um mittelfris­tig unabhängig­er von Öl und Gas zu werden«. Zudem müsse die Spaltung der Grundverso­rgungstari­fe als Folge der extremen Energiepre­isanstiege wieder beendet werden.

Aus der Ungleichbe­handlung haben die Portale übrigens auch gleich wieder eine Geschäftsi­dee gemacht: In der Fundliste etwa von Check 24 wird als Tarif des Grundverso­rgers mitunter nur noch jener für Neukunden angezeigt.

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