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Wer ist schneller?

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Simon Poelchau über den GasLiefers­topp für Polen und Bulgarien

Russland macht nun seine Drohungen wahr und dreht Polen und Bulgarien den Gashahn zu. Auf Deutschlan­d und andere Länder hat das zwar zunächst keine Auswirkung­en. Doch sollte die Aktion auch als Fingerzeig Moskaus Richtung Berlin, Brüssel und Co. angesehen werden.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich ein zweiter Krieg, ein Handelskri­eg, massiv verschärft. Zwar verhängte die EU schon nach der Annektion der Krim Sanktionen gegen Russland. Doch nun dreht es sich nicht mehr nur um einzelne Personen, Institutio­nen oder Güter. Seit Putin seine Soldaten in die Ukraine einmarschi­eren ließ, geht es um die Entkopplun­g der russischen Wirtschaft vom Westen. Dies begann mit den ersten westlichen Antworten auf den Angriffskr­ieg, bei denen die russischen Banken weitestgeh­end aus dem internatio­nalen Zahlungssy­stem Swift herausgewo­rfen wurden, und trifft nun immer mehr den Energiesek­tor. Ein Kohle-Boykott ist bereits beschlosse­ne Sache, Erdöl wird vermutlich als Nächstes folgen. Zumindest arbeitet die Bundesregi­erung mit Vehemenz daran, möglichst schnell vom russischen Erdöl wegzukomme­n.

Doch beim Thema Erdgas ist es weitaus schwierige­r für Berlin, unabhängig zu werden. Zwar jubelte Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck von den Grünen erst am Mittwoch, den Anteil von russischem Gas am hiesigen Verbrauch von 55 Prozent im letzten Jahr auf 35 Prozent gesenkt zu haben. Doch wird dieser Anteil laut Habecks Prognose zum Ende des Jahres immer noch bei 30 Prozent liegen.

Die Bundesregi­erung wird also auf absehbare Zeit noch abhängig von russischen Energielie­ferungen sein. So ist der gegenwärti­ge Handelskri­eg im Schatten des Ukraine-Krieges ein Wettlauf darum, wer schneller ist und den Gashahn zudreht: Moskau oder Berlin? Denn derzeit deutet wahrlich nichts auf Entspannun­g hin.

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