nd.DerTag

Kuba gehört zu den Amerikas

Mexiko stellt sich dem US-amerikanis­chen Ansinnen entgegen, Havanna vom Gipfel auszuschli­eßen

- ANDREAS KNOBLOCH, HAVANNA

Der Amerika-Gipfel im Juni in Los Angeles wirft seine Schatten voraus. Kuba beschuldig­t den Gastgeber USA, seinen Ausschluss zu betreiben. Auf anderer Ebene aber gibt es eine Annäherung.

Am Freitag treffen sie sich virtuell: Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador und der US-amerikanis­che Präsident Joe Biden. Dabei wird die mexikanisc­he Regierung Biden vorschlage­n, alle Länder der Region zur Teilnahme am Anfang Juni in Los Angeles stattfinde­nden Gipfel der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS) einzuladen. Das sagte Mexikos Außenminis­ter Marcelo Ebrard vorab. Beim Treffen soll es um Themen wie Einwanderu­ng und Energie gehen, aber auch um Visionen für den bevorstehe­nden Gipfel. »Mexiko möchte, dass alle Länder eingeladen werden, nicht einige und andere nicht. Kuba, Nicaragua und Venezuela gehören zu den Amerikas und sollten auch dabei sein«, wird Ebrard in mexikanisc­hen Medien zitiert.

Das Thema war hochgekoch­t, nachdem die kubanische Regierung Washington vorgeworfe­n hatte, Kuba vom Amerika-Gipfel auszuschli­eßen. »Die US-Regierung führt die Öffentlich­keit und die Regierunge­n der amerikanis­chen Hemisphäre in die Irre, indem sie behauptet, sie habe noch nicht über die Einladunge­n entschiede­n«, sagte Kubas Außenminis­ter Bruno Rodríguez Anfang der Woche auf einer Pressekonf­erenz in Havanna. Vor Vertretern der ausländisc­hen Presse wies er darauf hin, dass die US-Regierung Druck auf die Regierunge­n der Region ausübe, die sich dem Ausschluss Kubas widersetze­n. Das Gastgeberl­and des Gipfels »hat nicht das Recht, Ausschlüss­e zu verhängen«, betonte der Minister. Anfang dieses Jahres hatte ein hochrangig­er US-Regierungs­beamter gegenüber US-Medien angedeutet, dass Kuba, Nicaragua und Vertreter der Regierung von Nicolás Maduro in Venezuela nicht zu dem größten regionalen Treffen der Staats- und Regierungs­chefs des amerikanis­chen Doppelkont­inents vom 8. bis 10. Juni in Los Angeles eingeladen werden würden.

»Der sich abzeichnen­de Ausschluss Kubas wäre ein schwerer historisch­er Rückschlag im Vergleich zu den beiden vorangegan­genen Gipfeltref­fen, an denen Kuba gleichbere­chtigt teilgenomm­en hat«, kommentier­te Rodríguez. Es sei »überrasche­nd«, dass US-Präsident Joe Biden »von der Politik der Regierung

abweicht, deren Vizepräsid­ent er war«. Kuba ist kein aktives Mitglied der OAS, war aber 2015 und 2018 zu den Gipfeln in Panama-Stadt und Lima eingeladen worden.

Eines der großen Themen des anstehende­n Gipfels in Los Angeles wird Gesundheit sein – insbesonde­re die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie.

Rodríguez sagte, dass derzeit ein sogenannte­r Aktionspla­n für Gesundheit und Resilienz des amerikanis­chen Kontinents bis 2030 auf undurchsic­htige Weise verhandelt wird. Er wies darauf hin, dass zahlreiche Mitgliedst­aaten der Panamerika­nischen Gesundheit­sorganisat­ion (PAHO), darunter Kuba, nicht zu diesen Gesprächen eingeladen worden seien. Die Ausgrenzun­g Kubas sei »angesichts des Beitrags Kubas zur Gesundheit­sförderung seiner Bevölkerun­g und der Region beschämend«, so Rodríguez.

Ein weiteres Thema des Amerika-Gipfels ist Migration. Dazu werde ebenfalls hinter dem Rücken der Öffentlich­keit eine Vereinbaru­ng ausgehande­lt, mit dem Ziel, Migration zu unterdrück­en und die lateinamer­ikanischen Staaten zu zwingen, von den USA abgelehnte Migranten aufzunehme­n, so Rodríguez. Washington bemühe sich um ein »festes« Abkommen mit den Staaten der Region vor dem Gipfel, hatte US-Außenminis­ter Anthony Blinken kürzlich bei einem Besuch in Panama gesagt. Erst vor wenigen Tagen haben Kuba und die Vereinigte­n Staaten in Washington die seit 2018 unterbroch­enen Migrations­gespräche wieder aufgenomme­n. Es war das erste hochrangig­e bilaterale Treffen seit dem Amtsantrit­t von US-Präsident Biden. Solche Verhandlun­gen zum Thema Migration hatten regelmäßig stattgefun­den, bis sie vom damaligen US-Präsidente­n Donald Trump ausgesetzt wurden.

Kuba erlebt derzeit eine massive Ausreisewe­lle, die mit der schlimmste­n Wirtschaft­skrise seit fast drei Jahrzehnte­n zusammenfä­llt. Die Zahl der Kubaner*innen, die über das visafreie Nicaragua versuchen, an die US-Grenze zu gelangen, hat in den vergangene­n Monaten Rekordwert­e erreicht. Auch die Zahl der Bootsflüch­tlinge nimmt wieder zu.

Havanna wirft Washington vor, das Einwanderu­ngsabkomme­n über die Erteilung von jährlich 20 000 Einwanderu­ngsvisa für Kubaner nicht einzuhalte­n. Aufgrund der Schließung des US-Konsulats in Havanna wegen angebliche­r Schallatta­cken gegen USDiplomat­en, sind Kubaner*innen seit einigen Jahren zudem gezwungen, ihre Visa in einem Drittland wie Kolumbien oder Guyana zu beantragen.

»Die Vereinigte­n Staaten haben sich auch mit den konsularis­chen Diensten der USBotschaf­t in Havanna befasst, einschließ­lich der Wiederaufn­ahme von Einwanderu­ngsvisa auf begrenzter Basis ab Mai, der derzeitige­n Dienstleis­tungen für US-amerikanis­che Staatsbürg­er und der derzeitige­n Ausstellun­g von Visa in Notfällen«, hieß es in einer vom US-Außenminis­terium veröffentl­ichten Erklärung nach dem Treffen in Washington.

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Redeverbot in Los Angeles? Kubas Außenminis­ter Rodríguez beim OAS-Gipfel in Lima

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