nd.DerTag

Großrussis­cher Erzreaktio­när

- PETER STEINIGER

Artemy Vladimirov predigt dem russischen Volk den Panslawism­us

Da kann man geteilter Meinung sein: »Wenn Sie ihm einmal zugehört haben, möchten Sie immer wieder zuhören«, wird in einer Vita zum russisch-orthodoxen Glaubensma­nn behauptet. Dass Artemy Vladimirov am Grab von Charles Darwin im Jenseits dessen Ohr fand und er ihn zum Bereuen der Evolutions­theorie bewegte, wollte er 2019 dann doch als Ausflug in den englischen Humor verstanden wissen. Gar nicht witzig ist, was der prominente Erzprieste­r des Moskauer Alekseevsk­yFrauenklo­sters in jüngster Zeit ablässt. Vladimirov predigt für die irdischen Heerschare­n, die ein Großrussla­nd schaffen sollen, das sich Kasachstan, Georgien und Moldau einverleib­t. Die Balten, die Waffenhilf­e im Kampf »gegen Slawen« leisten, soll nicht nur der Zorn Gottes treffen. Gemeinsam mit Belarus und der Ukraine, »der unglücklic­hen«, werde man in der Lage sein, »als ein unsterblic­hes Regiment« von Wladiwosto­k nach Kaliningra­d zu marschiere­n. »Geht nach Hause, um für den Sieg über die finsteren faschistis­chen Horden zu beten«, gibt der obskurante Klerikale der sogenannte­n Sonderoper­ation seinen Segen.

Ganz so unsterblic­h sind die Regimenter wohl doch nicht und der Priester spricht nicht für den Kreml. Doch ideologisc­he Schnittmen­gen sind da, die Zauselbart-Antifa ist den Interessen der Mächtigen nützlich. Ihr Vertreter Vladimirov kam 1961 in Moskau auf diese Welt, die neo-feudal wieder im Mittelalte­r landet. An Moskaus Uni absolviert­e er die philologis­che Fakultät, 1983 wurde der Glaubensbe­geisterte Lehrer für russische Sprache und Literatur. Wegen Indoktrina­tion der Kinder flog er bald raus. 1988 wechselte er zum Mummenscha­nz. Zunächst Priester in Woronesch, war er vor seinem aktuellen Job von 1993 – die Krise trieb die Massen der Kirche zu – bis 2003 Seelsorger in der Kirche Allerheili­gen in Krasnoje Selo. Leute wie er werden gebraucht, damit das Kanonenfut­ter freudig und gern in den Tod geht.

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