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Mit Wasserstof­fantrieb bis nach Rügen

Berlins Taxibranch­e schrumpft rasant – und will auch deshalb mehr auf grüne Mobilität setzen

- PATRICK VOLKNANT

Nach und nach verschwind­en die gelben Autos von den Straßen der Hauptstadt. Steigende Benzinprei­se und die wachsende Konkurrenz der Mietwagena­nbieter ziehen die Schlinge immer enger.

»Helft uns, sonst wird es uns bald nicht mehr geben!«, sagt Leszek Nadolski auf der Pressekonf­erenz der Berliner Taxiinnung am Donnerstag. Seine drastische­n Worte unterstrei­cht der Vorsitzend­e mit beeindruck­enden Zahlen. Täglich würden zwischen zwei und drei Taxis in der Hauptstadt abgemeldet. Gehe es so weiter, könne die freie individuel­le Mobilität der Berlinerin­nen und Berliner schon bald nicht mehr gewährleis­tet werden. »Es ist nur noch eine Frage der Zeit.«

In der ohnehin schon prekären Lage hat der Krieg in der Ukraine laut Nadolski nun für den »nächsten Schlag« gesorgt. Taxifahrer­innen und -fahrer in Berlin litten enorm unter der Belastung gestiegene­r Benzinprei­se. Umso schneller muss aus Sicht des Innungsvor­sitzenden nun der Umstieg auf nachhaltig­e Antriebe gelingen. Er selbst hat hierfür einen Plan entworfen.

»Die Frage ist, wie das Taxi der Zukunft aussehen soll«, sagt Nadolski. Auf den Durchbruch des autonomen Fahrens in 30 oder 40 Jahren könne man nicht warten: »Wenn wir von den fossilen Brennstoff­en wegkommen wollen, dann müssen jetzt handeln.«

Um den Einsatz batteriebe­triebener Fahrzeuge allein soll es dabei allerdings nicht gehen. »Wir müssen uns breiter aufstellen, um uns nicht abhängig zu machen«, sagt Nadolski und kritisiert, dass Wasserstof­fautos oder andere Alternativ­en noch immer »wie Stiefkinde­r« behandelt würden. Fahrten mit einem Wasserstof­ftaxi von Berlin nach Rügen seien abenteuerl­ich, aber alles andere als unmöglich. Der Vorsitzend­e der Berliner Taxiinnung, der auch selbst ein Unternehme­n betreibt, sagt: »Es funktionie­rt, wenn man nur will.«

Nichtsdest­otrotz ist es laut Nadolski um die infrastruk­turellen Voraussetz­ungen in der Hauptstadt schlecht bestellt. Rund 20 Elektroaut­os müssten sich derzeit in Berlin eine Ladesäule teilen: »Das ist mehr als kritisch.« Ganze zwei Jahre habe er auf die Berliner Senatsverw­altung einwirken müssen, damit nun die ersten beiden Schnelllad­esäulen für Taxen an den Start gehen könnten.

»Auch wir sind ein Teil des ÖPNV – so wie die BVG«, sagt Nadolski. »Auch wir erwarten, von Regionalis­ierungsmit­teln, von Zuschüssen des Landes und des Bundes zu profitiere­n.« Was nachhaltig­e Mobilität im Straßenver­kehr angehe, könne die Taxibranch­e als Vermittler dienen und Innovation­en vorantreib­en. »Die ersten E-Taxen sind schon auf der Straße«, sagt Nadolski. Immer wieder würden die Kundinnen und Kunden nachfragen, wie so ein Wagen laufe und ob man damit zufrieden sei. Letztlich würden in Taxen auch Tests für die Autoindust­rie durchgefüh­rt: »Wenn sie bei uns funktionie­ren, funktionie­ren sie überall.«

Hohem Druck sehen sich Taxifahrer­innen und -fahrer durch die junge Konkurrenz ausgesetzt. Neben Fahrdienst­en wie Uber sind es vor allem Mietwagena­nbieter, die zunehmend Raum in der Stadt einnehmen. Hermann Waldner, Geschäftsf­ührer der Funkzentra­le Taxi Berlin, berichtet von mehr als 2400 neuen Mietwagen innerhalb der letzten zwei Jahre. Zugleich seien über 2100 Taxen abgemeldet worden. »Der Gesetzgebe­r gibt uns keinen Schutz gegen diesen Wildwuchs an Mietwagen«, sagt Waldner. Während diese frei in ihrer Preisgesta­ltung agieren könnten, bestehe für Taxen eine Bindung: »Das ist eine krasse Situation.«

Begrüßen konnte Waldner immerhin das jüngste Urteil des Bundesgeri­chtshofs, der eine Revision Ubers zurückgewi­esen hat. Das Unternehme­n ist nun dazu verpflicht­et, Niederlass­ungen in Deutschlan­d zu gründen. Damit wird Uber bindender als zuvor den deutschen Steuergese­tzen unterliege­n.

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