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»Entscheide­nd ist: Woher soll der Wasserstof­f kommen?«

- Linke-Fraktion Berlin

Anders als es die Reden des Berliner Wirtschaft­ssenators und Brandenbur­ger Wirtschaft­sministers vermuten lassen, ist gerade der Nutzen der Technologi­e für den Verkehr umstritten. Im Kampf gegen die nachhaltig­e Konkurrenz zieht das Wundermitt­el Wasserstof­f bisher meist den Kürzeren. »Unter den aktuellen technische­n Gegebenhei­ten wird Wasserstof­f nur eine kleine, untergeord­nete Rolle für den privaten Pkw-Verkehr spielen«, sagt etwa Felix Reifschnei­der, verkehrs- und umweltpoli­tischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnet­enhaus. Hier seien die Weichen bereits eindeutig in Richtung E-Auto gestellt. »In ganz Deutschlan­d stehen derzeit gerade einmal zwei Modelle für Wasserstof­fautos zur Verfügung.«

Besonders interessan­t werde es für Berlin dann, wenn es um Wärmeerzeu­gung aus Wasserstof­f gehe. »Es kann Zeiten geben, in denen extrem viel Energie aus erneuerbar­en Energieque­llen gewonnen wird, ohne dass man sie direkt verwertet«, sagt Reifschnei­der zu »nd«. Hierbei könne Wasserstof­f als eine von mehreren Optionen für Zwischensp­eicher dienen.

»Das Wichtigste ist jetzt, dass der Anschluss an die Wasserstof­finfrastru­ktur schnell umgesetzt wird«, sagt Reifschnei­der. Jüngst sei ein vielverspr­echendes Projekt in Marzahn-Hellersdor­f nicht realisiert worden, weil es an genau jenen Voraussetz­ungen gefehlt habe. »Das ist bedauerlic­h.« Der Anschluss an das deutschlan­dweite Wasserstof­fnetz, die Verbindung nach Brandenbur­g wie auch in die sächsische Oberlausit­z müsse unbedingt hergestell­t werden.

Wie Reifschnei­der zweifelt auch der Verkehrsex­perte der Berliner Linksfrakt­ion, Kristian Ronneburg, am Nutzen von Wasserstof­fantrieben für Privatfahr­zeuge. »Im normalen Verkehr ist die Direktnutz­ung von Strom viel effiziente­r als die Umwandlung in Wasserstof­f und die Rückumwand­lung im Auto«, sagt er »nd«. Wasserstof­f ergebe vor allem dann Sinn, wenn sich die direkte Nutzung von Strom zu komplizier­t gestalte – etwa wegen zu umfangreic­her Batteriegr­ößen. Beispiele fänden sich im Transport mit schweren Nutzfahrze­ugen oder bei Schiffen.

»Im ÖPNV finde ich, dass das bei großen Bussen und langen Umläufen auch Sinn machen könnte«, sagt Ronneburg. Der Senat und die BVG hätten sich vorerst allerdings gegen Wasserstof­f und für Elektrobus­se mit Endhaltest­ellenladun­g und Streckenla­dung ausgesproc­hen. »Entscheide­nd ist: Woher soll der Wasserstof­f kommen?«, sagt Ronneburg. Wenn es nicht genügend Windräder und Solaranlag­en gebe, laufe es eben doch wieder auf fossile Energien hinaus.

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