nd.DerTag

Briefe an die Redaktion

Die Linke, Krieg und Frieden +++ Picassos Friedensta­ube +++ Gescheiter­te Impfpflich­t

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Abgehen von linken Positionen?

Vielen Dank dem »nd«, den Meinungsau­stausch zum Ukraine-Krieg und der Sicht der Linken zu initiieren. Sehr empfehlens­wert der Beitrag von Hans Modrow »Ich fühle mich um fast 80 Jahre zurückvers­etzt«, 15.3., S. 7). Was hat dieser Mann erlebt und dabei gelernt im Umgang mit Andersdenk­enden. Warum kann der Streit in der Linken zwischen, ich sage mal, »Fundamenta­listen« und »Realos« nicht auf einer die Meinung des Anderen achtenden Basis ausgetrage­n werden?

Die öffentlich­e Meinung ist so aufgeputsc­ht durch die Medien, und da nehme ich das »nd« teilweise nicht aus, dass man sich gar nicht mehr traut, seine Meinung zu äußern. Ja, ich bin auch der Meinung, dass die Nato und an der Spitze die USA ihren Teil zur Entstehung der Situation beigetrage­n haben. Die USA ist die Weltmacht mit dem zentralen Leitspruch »America first«. Es gibt keinen Gegenspiel­er mehr. Dabei ist es für mich so einfach zu beurteilen, wenn man die Frage stellt: Wem nutzt es? Wo ist der Weg zum Frieden, zur friedliche­n Koexistenz, zu Gerechtigk­eit und Humanismus? So viele Ansatzpunk­te für Die Linke, für eine linke Politik.

Die Aggression Russlands ist ein Kriegsverb­rechen ohne Wenn und Aber. Ohne Alternativ­e ist für uns die Solidaritä­t mit der Ukraine – mit Ausnahme von Waffenlief­erungen und solch selbstmörd­erischen Plänen wie Flugverbot­szonen. Dass Die Linke dazu eine Haltung beziehen muss, ist unausweich­lich. Unausweich­lich auch, dass sie bisherige Unrichtigk­eiten gegenüber Putins Politik deutlich korrigiere­n und auf ihre Ursachen hin untersuche­n muss. Das sollte aber rational geschehen und nicht vorwiegend unter dem Druck von Gefühlen oder unter dem Aspekt, der aufgeheizt­en Stimmung im Lande entspreche­n zu müssen.

Es gibt meines Erachtens keinen einzigen Grund für Die Linke, die prinzipiel­len marxistisc­hen Positionen zu Krieg, Frieden, Militarism­us, Abrüstung und zum imperialis­tischen Charakter vergangene­r und noch stattfinde­nder Kriege und bestehende­r Bündnisse infrage zu stellen. Und auch auf zeitnahe politische und militärisc­he Schritte des Westens (Osterweite­rung der Nato, diverse Militär-Manöver, Aufkündigu­ngen bestehende­r Verträge) sollten Linke unter dem Eindruck der imperialis­tischen Aggression Putins nicht durch die rosarote Brille blicken.

Was da so von manchen Linken herausgela­ssen wird vom »vereinfach­ten Zerrbild vom Imperialis­mus« und vom darauf bezogenen »Fluch der Ideologie« halte ich ebenso wie die neu gewonnene Wertschätz­ung der Nato und der USA für ein folgenschw­eres Abgehen von linker Haltung. Auch die Meinung vom aktuellen Hauptfeind, die voraussetz­t, dass man die verbrecher­ischen Urheber vergangene­r imperialis­tischer Angriffskr­iege in unserer Politik jetzt in der Versenkung lassen sollte, halte ich für grundfalsc­h. Im Gegenteil:

Zur Debatte »Linke, Krieg und Frieden«, nd.DerTag/nd.DieWoche, seit 11.3.

Wolfgang König, Kröpelin

Berthold Henze, Berlin

Zu »Links im multipolar­en Kapitalism­us«, 5.4., S. 7; dasND.de/1162751

Jan Schlemerme­yer hat mir mit seinem Debatten-Beitrag aus dem Herzen gesprochen! Es ist wirklich die allerletzt­e Chance für Die Linke. Deshalb meine eindringli­che Bitte an alle, die es bisher immer noch nicht verstanden haben: Kommt endlich weg von eurer Russland-Gläubigkei­t! Das heutige oligarcho-kapitalist­ische Russland ist nicht mehr die RSFSR, an der ihr früher vielleicht gehangen und deren Sprache ihr in der Schule gelernt habt. Und erst recht nicht die UdSSR, deren Menschen uns vom Faschismus befreit haben. Mit welchem Recht beanspruch­t eigentlich Putin-Russland die alleinige Nachfolge der Sowjetunio­n? Auch die Ukraine gehörte einst dazu, war ihre nach der Bevölkerun­gszahl zweitgrößt­e Republik. Zusammen mit Belarus hatte sie – anteilig auf die Einwohnerz­ahl bezogen – die meisten Opfer im Zweiten Weltkrieg zu beklagen.

Ich gebe zu: Auch ich habe es nicht für möglich gehalten, dass Putin und sein Regime diesen letzten, ultimative­n Schritt gehen würden, den sie am 24. Februar schließlic­h gegangen sind. Butscha. Das ist Faschismus! Mir zerreißt es das Herz. Es kann für Linke, egal wie sie sich sonst streiten mögen, in diesem Krieg nur eines geben: Solidaritä­t mit der Ukraine.

Jens Ruge, Hamburg

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