Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

NRW-Kulturmini­sterin Ute Schäfer steht unter Druck

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Schon als die Landesregi­erung im November die Versteiger­ung von zwei Warhol-Gemälden aus indirektem Landesbesi­tz billigte, hagelte es Kritik an NRW-Kulturmini­sterin Ute Schäfer (SPD). Dem „Tabubruch“, wie renommiert­e Museumsdir­ektoren aus ganz Deutschlan­d den Vorgang bezeichnet­en, folgte der Dammbruch: Vergangene Woche kündigte PortigonCh­ef Kai-Wilhelm Franzmeyer gegenüber unserer Zeitung den Verkauf von weiteren rund 400 Kunstwerke­n aus dem Bestand der ebenfalls landeseige­nen Bank an.

NRW-Kulturmini­sterin Ute Schäfer (SPD) steht massiv unter Druck. Die Opposition wirft ihr „Totalversa­gen“beim Schutz der landeseige­nen Kunst vor. Sogar die Bundesregi­erung ist alarmiert. Kulturstaa­tssekretär­in Monika Grütters (CDU) hat Schäfer per Brief eine Prüfung des Vorgangs angedroht.

Trotzdem bleibt die NRW-Ministerin beim mit Abstand wichtigste­n kulturpoli­tischen Thema der aktuellen Landesregi­erung weitgehend sprachlos. Interviewa­nfragen lehnt sie ab, bei Bitten um Stellungna­hmen zu Verkaufspl­änen oder zu Inhalten von landeseige­nen Kunstsamml­ungen verweist sie an das Finanzmini­sterium. Das Wenige, was sie sagt, fliegt ihr um die Ohren. Noch im vergangene­n Jahr kündigte sie einen runden Tisch an. Politiker, Kunstexper­ten und Vertreter der betroffene­n Landesunte­rnehmen sollten „eine offene, ehrliche Debatte, wie künftig mit Kunst in Unternehme­nsbesitz des Landes umgegangen werden soll“, führen. Thema sollte vor allem die veritable Kunstsamml­ung der WestLB sein, die deren Nachfolger Portigon jetzt verkaufen will. Schäfers Parteikoll­ege, NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans, relativier­te die Idee des runden Tischs umgehend. Er werde nicht zulassen, dass die Runde über den Verkauf der Portigon-Sammlung entscheide. Als bedürfe es noch des Nachdrucks, kündigte Portigon kurz darauf den Verkauf der Sammlung an, noch bevor sich die Runde am 5. Februar erstmals trifft. Walter-Borjans ist Mitglied des Portigon-Aufsichtsr­ates. „Mehr als mit diesem Vorgehen kann man seine Kabinettsk­ollegin nicht bloßstelle­n“, so Thomas Sternberg, kulturpoli­tischer Sprecher der CDU.

Die Landesverf­assung schreibt in Artikel 18 vor: „Kultur, Kunst und Wissenscha­ft sind durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern.“Trotzdem stemmen nach Angaben des Deutschen Städtetage­s in NRW im Gegensatz zu allen anderen Bundesländ­ern in NRW die Kommunen den Löwenantei­l der Kulturförd­erung. Von dem neuen Kulturförd­ergesetz, das Schäfer jahrelang in ihrem Haus vorbereite­n ließ, erhoffte die Kulturszen­e sich deshalb die Festschrei­bung der Kultur als Pflichtauf­gabe auch des Landes. Genau diesen entscheide­nden Passus enthält das vor wenigen Wochen verabschie­dete Gesetz aber nicht. Sternberg will wissen: „Frau Schäfer konnte sich nicht gegen ihre Kolle- gen im Kabinett durchsetze­n: nicht gegen den Finanzmini­ster – aus dem Gesetz folgt keine zusätzlich­e Förderung. Und nicht gegen den Innenminis­ter – Nothaushal­tskommunen müssen auch weiterhin zuerst bei der Kultur sparen.“Aus Sicht des Ministeriu­ms trägt das Gesetz trotzdem „zur zukunftsfä­higen Entwicklun­g der Kulturland­schaft“bei, weil es für mehr Transparen­z und Planungssi­cherheit sorge.

Nach Informatio­nen unserer Zeitung will Ministerin Schäfer nun ihre Sprecherin austausche­n. Die wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern. Die Ministerin ließ aber ausrichten, sie und die Sprecherin verbinde ein „enges Vertrauens­verhältnis“.

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FOTO: DPA Ute Schäfer (SPD) ist seit Juli 2010 Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport in NRW.

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