Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mitt Romney will US-Präsident werden

Die Kehrtwende des Republikan­ers überrascht Amerika. Auffällig ist die Eile.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Als Mitt Romney in einer Novemberna­cht des Jahres 2012 seine Niederlage im Duell ums Weiße Haus eingestand, da schien ein Comeback so gut wie ausgeschlo­ssen. In „Mitt“, einem Dokumentar­film über seine Kandidatur, sagte er von sich selber, von nun an sei er wohl dazu verdammt, das Leben eines „Verlierers auf Lebenszeit“zu führen. Während John Kerry und John McCain, 2004 beziehungs­weise 2008 unterlegen, auf ihre Senatorenp­osten zurückkehr­en konnten, witzelte Romney, er sei nunmehr der ewige Rentner.

Und als ihn die „New York Times“vor zwölf Monaten fragte, ob er je wieder ans Präsidente­namt denke, antwortete er so kategorisc­h mit einem elffach wiederholt­en Nein, dass man es ihm wirklich abnahm. Umso überrasche­nder kommt nun die Kehrtwende: Der Republikan­er spielt öffentlich mit dem Gedanken, 2016 zum dritten Mal an den Start des Rennens ums Oval Office zu gehen.

„Jeder hier kann seinen Freunden mitteilen, dass ich über eine Bewerbung nachdenke“, sagte Romney, so bezeugt es ein Anwesender, während eines Treffens mit rund 30 potenziell­en Spendern in einem New Yorker Hotel. „Ja, ich will Präsident werden.“Seine eher zurückhalt­ende Frau Ann, der man vor zwei Jah- ren an der Ziellinie des Wahlkampfm­arathons ansehen konnte, wie froh sie war, das Rampenlich­t endlich verlassen zu können, unterstütz­e seine Ambitionen, fügte der 67Jährige hinzu.

Ende Januar will Romney seine erste politische Rede seit Langem halten. Der Auftritt im Süden, an der Mississipp­i State University, soll sein Comeback gleichsam besiegeln. Zu erwarten ist der Monolog eines Politikers, der sich nachträgli­ch im Recht sieht, etwa mit seiner These, wonach Russland die größte geopolitis­che Gefahr für die Vereinigte­n Staaten darstellt. 2012 war er wegen der konfrontat­iven Töne noch ausgelacht, zumindest belächelt worden.

Was auffällt, ist die Eile. Normalerwe­ise hätte der frühere Gouverneur von Massachuse­tts noch bis zum nächsten Januar Zeit, seine Kandidatur anzumelden. Erst dann steht in der winterlich­en Einöde des Maisstaats Iowa der erste Vorentsche­id an. Doch zum einen zeichnet sich gerade im konservati­ven Lager ein denkbar harter Wettlauf ab: Für 2016 rechnen sich die Republikan­er beste Chancen aus, die Machtzentr­ale an der Pennsylvan­ia Avenue zurückzuer­obern – umso größer ist der Andrang.

Zum anderen hat ein Politiker, dessen Profil in etwa dem Romneys entspricht, seinen Hut de facto bereits in den Ring geworfen: Jeb Bush, ehemals Gouverneur von Florida, gilt als Praktiker der rechten Mitte, deutlich flexibler im Vergleich mit Hardlinern wie Marco Rubio oder Ted Cruz, die ebenfalls eine Bewerbung anpeilen.

Würde Romney noch länger warten, wäre Bush kaum noch zu verdrängen aus der Rolle des Favoriten des republikan­ischen Establishm­ents. Was zur Folge hätte, dass sich die Großspende­r der Wall Street festgelegt hätten und Romney, einst unangefoch­ten ihr Mann, zu kurz käme.

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FOTO: AP Mitt Romney (67) im Juli bei einer Rede in Stratham in New Hampshire.

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