Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

150000 Einwände gegen Freihandel­sabkommen

EU-Kommission legt wegen der massiven Kritik der Bürger die Verhandlun­gen über den Investitio­nsschutz auf Eis.

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BERLIN (mar) Der Abschluss des umstritten­en Freihandel­sabkommens TTIP mit den USA verzögert sich: Nach breitem Widerstand in einer öffentlich­en Befragung der Bürger gegen Regelungen zum Investoren­schutz will die EU-Kommission die Verhandlun­gen über diesen Punkt vorerst nicht wieder aufnehmen. Die USA und Wirtschaft­sverbände pochen aber auf einen Vertrag, der Investitio­nsschutz-Regeln enthält.

Zunächst werde die Kommission jetzt über die zahlreiche­n Bedenken der Bürger mit dem EU-Ministerra­t und dem Europaparl­ament beraten, sagte EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström gestern in Brüssel.

Bei der Online-Befragung gingen insgesamt 150000 Beiträge ein. Davon seien 97 Prozent kritisch gewesen, sagte Malmström. Hinter 95 Prozent der Beiträge stünden Organisati­onen. Die Bürger stießen sich vor allem am Investitio­nsschutz, der ausländisc­he Investoren vor unfairer Behandlung im Gastland schützen soll. TTIP-Gegner warnen davor, dass US-Investoren nationale Gesetze in Europa über internatio­nale Schiedsger­ichte aushebeln könnten. Die meisten Eingaben kamen aus Großbritan­nien, gefolgt von Österreich und Deutschlan­d.

Um Bedenken gegen die Schiedsger­ichte auszuräume­n, hatte die Bundesregi­erung einen neuen internatio­nalen Handelsger­ichtshof nach dem Vorbild des Gerichtsho­fs für Menschenre­chte vorgeschla­gen. Dies findet bislang aber noch wenig Unterstütz­er, auch würde die Umsetzung viel Zeit benötigen. Die EUKommissi­on will eine Berufungsm­öglichkeit gegen Schiedsger­ichtsurtei­le durchsetze­n. Auch sollen klare Regeln für die Besetzung der Gerichte ausgehande­lt werden.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) will die Verhandlun­gen ungeachtet aller Kritik bis Jahresende abschließe­n. Anfang Februar findet eine neue Verhandlun­gsrunde mit den USA statt, allerdings wird hier der Investitio­nsschutz ausgeklamm­ert. Der Industriev­erband BDI appelliert­e an EU-Kommission und Bundesregi­erung, TTIP nicht aufzugeben, sondern konstrukti­ve Regeln für den Investoren­schutz zu suchen.

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